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Gibt die Funktion die Form vor?

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Albrecht Wellmer, Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne, Vernunftkritik nach Adorno,
Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1993, S. 133

Die doppelte Überschreitung des Kults der Nützlichkeit und der Religion der Kunst, die Octavio Paz der handwerklichen Produktion attestierte, läßt sich im Kernbereich der industriellen Produktion nicht durch eine direkte Wiederannäherung von Kunst und Industrie verwirklichen, wie sie den Gründern des Werkbundes vorschwebte. Wohl aber wäre es denkbar, daß die industrielle Produktion an kommunikativ geklärte Zwecksetzungen zurückgebunden würde und daß Kunst und ästhetische Phantasie sich in die kommunikative Klärung gemeinsamer Zwecke verstricken ließe. Dann könnte vielleicht Kunst und Industrie auch Vermittlung eines Dritten, nämlich im Medium einer aufgeklärten demokratischen Praxis, zu Momenten einer industriellen Kultur zusammentreten.

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 103 – 125

Menschen reagierten »nicht auf die physikalischen Eigenschaften von Dingen« wie etwa »Form, Struktur oder Funktion«, so Archer, »sondern auf deren individuelle oder kulturelle Bedeutungen« (Ebd.). […] Volker Fischer verweist überdies auf die Vielfältigkeit und Komplexität der Narrative und der symbolischen Bedeutungen, die Designartefakte, ja Objekte der materiellen Kultur überhaupt mit sich führen (Fischer 2000: 17). […] Ein Stuhl zum Beispiel dient demnach nicht nur zum Sitzen oder »als Kleiderständer oder Leiter«, vielmehr wird durch ihn eine Vielzahl symbolischer und semantischer Bedeutungen (re-)produziert (Ebd.). [S. 103]

»Sie verbindet auf selektive Weise die Beschaffenheit eines Artefakt und seiner (realen oder imaginierten) Umgebung zu einer kohärenten Einheit.«( Ebd.: 12) Die Idee, dass Bedeutung von Kontexten abhängt und Objekte immer in Kontexten existieren ist zentral für Krippendorffs Denken (Ebd.). Zu präzisieren ist hierbei, dass diese Kontexte nicht ›von Natur aus‹ vorgegeben oder universeller Art sind, sondern dass sie von dem Individuen in der Interaktion mit Artefakten kognitiv hergestellt und laufend transformiert werden.
Konkret unterscheidet Krippendorff in diesem Zusammenhang zwischen einem »operativen Kontext«, in dem Menschen mit Artefakten interagieren, und einem »soziolinguistischen Kontext«, in dem Menschen über bestimmte Artefakte, ihre Nutzung und Nutzer/innen kommunizieren und dabei die Realität dieser Artefakte mitkonstituieren (Ebd.: 16). Im Weiteren führt er einen »Kontext der Entstehung« an, in dem Individuen Artefakte gestalten, produzieren, distribuieren und konsumieren und sich so an der technischen Organisation von materieller Kultur und »Entropie« beteiligen (Ebd.). [S. 124 – 125]

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Friedrich von Borries, Weltentwerfen, Eine politische Designtheorie, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 16 – 121

»In dieser Dingwelt«, so Arendt, »ist menschliches Leben zu Hause, das von Natur in der Natur heimatlos ist.« (Arendt 2015 [1960], S. 16) Der Mensch lebt unter Bedingungen, die die Menschheit selbst geschaffen hat. »Was immer Menschliches Leben berührt,« so Arendt weiter, »was immer es eingeht, verwandelt sich sofort in eine Bedingung der menschlichen Existenz. Darum sind Menschen, was immer sie tun oder lassen, stets bedingte Wesen.« (Ebd., S. 19) Das was wir gestalten, entsteht nicht voraussetzungslos. Unser Leben unterliegt Bedingungen. Wir entscheiden nicht frei, sondern bewegen uns in einem Feld von Normen, Werten, Prägungen. Die von uns erzeugten Dinge (und, im Sinne eines erweiterten Designbegriffs, auch die Räume, Beziehungen und Ordnungen) sind diesen Bedingungen unterworfen. Diese Bedingungen sind in der Welt, in die wir geworfen sind, gegeben – und werden durch das Design, das wir projektierend der Welt entgegenwerfen, verändert. [S. 16] Die Moderne hat die Welt – auch durch Design – in einen Zustand versetzt, in dem die Existenzgrundlage des Mensch bedroht ist, Begriffe wie Klimaerwärmung, Ressourcenverknappung, globale Migration etc. Sind nur grobe Schlagwörter für die Symptome einer umfassenden Verheerung der Welt durch das bestehende ökonomische System. Aus diesem Zustand, können wir, so der Sozialpsychologe Harald Welzer(*1959) nur auf zwei Arten entkommen: entweder »by desaster« oder »by design« (Sommer/Welzer 2014, S. 27 ff.). Damit sind zwei grundsätzliche Strategien benannt, »by desaster« heißt abzuwarten, bis das bestehende System zusammenbricht, und aus den Ruinen etwas neues aufzubauen, »by design« heißt, im Vorfeld, also präventiv, durch zielgerichtetes planvolles Handeln das bestehende in eine Neues zu Verwandeln. Ein solches Transformationsdesign bezieht sich auf die ganze Welt. Aus einem aufklärerischen Verständnis von Verantwortung heraus ist Weltentwerfen deshalb eine moralische Verpflichtung. [S. 121] 

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 99 – 102

Nachdem das ästhetische nicht mehr nur ein Gegenstand Industrieller Produktion ist, sondern die in Ökonomie selbst eingreift, und die Waren nicht mehr nur über ihren Tauschwert genossen werden, sondern sich vielmehr ein neuer Werttyp, der Gebrauchswert und Tauschwert zusammenschließt, Ich charakterisiere diese Entwicklung als den Umschlag von der Kulturindustrie in ästhetische Ökonomie. […] Es ist die Aufmachung des Arrangement würde Adorno sagen, das der Ware auf dem Markt seine Attraktivität verleiht. Die Phase der ästhetischen Ökonomie zeichnet sich nun dadurch aus, dass die ist ästhetische Erscheinung der Ware nach dem Kauf nicht etwa als Verpackung Weg geworfen wird und die Ware nur noch durch ihren Gebrauchswert im Erscheinung tritt […]. Viel mehr gebiert die Warenästhetik einen neuen Gebrauchswert, nämlich den Inszenierungswert. Das bedeutet auch nicht bloß, dass die Ware als Tauschwertem genossen werden – dafür braucht man ja nur das Preisschild an der Ware zu belassen–, sondern dass ihre Ästhetik, die Warenästhetik, im Lebenszusammenhang zur Inszenierung des Lebens fungiert. Der Kapitalismus ist als ästhetische Ökonomie zu bestimmen, insoweit er wesentlich ästhetische Werte produziert, d.h. solche Waren, die zur Inszenierung des Lebens dienen. Die Ästhetik, die von der Kulturindustrie vereinnahmt werden sollte, hat nun ihrerseits die Regie in der industriellen Produktion übernommen. [S. 99 – 100] Der Prozess der Zivilisation noch wesentlich dadurch angetrieben, dass die niederen Klassen oder Stände die jeweils höheren nachzumachen trachteten, so ergibt sich in der ästhetischen Ökonomie ein durchaus anderes Bild: Hier fungieren so genannte marginale Gruppen, also etwa die Punks, als modische Trendsetter. Der Mechanismus ist einfach: die Konsumindustrie greift der Distinktionsmerkmale einer Gruppe auf, macht sie zur Ware und stellt sie damit jedermann zu Verfügung, worauf dann die Gruppe neue Distinktionsmerkmale – also durch Aufmachung, Musikpräferenz, Körpergebaren – erfinden muss. [S. 102]

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Friedrich von Borries, Weltentwerfen, Eine politische Designtheorie, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 125 – 128

Weil die kritische Dimension von Design im bestehenden ökonomischen System immer instrumentalisiert werden kann, agieren Designer nicht von einer strategischen Position aus. »Die Taktik«, so der französische Philosoph und Theologe Michel de Certeau (1925 – 1986), wird »durch das Fehlen von Macht bestimmt, während die Strategie durch die Macht organisiert wird«. (de Certeau 1988, S. 90) Auch wenn Designer über Wissen verfügen und (gestalterische, kommunikative, technische) Fähigkeiten in Veränderungsprozesse einbringen, agieren sie meist nicht von einer Machtposition aus. Dennoch gibt es in jedem System Risse, die einen Ausblick auf neue Möglichkeiten zulassen. Diese zu finden, mit ihnen zu arbeiten und sie auszuweiten, ist eine Form des Widerstands. Um trotz der eigenen Ohnmacht eine Wirksamkeit zu entfalten, müssen Designer also Tricks und Finten entwickeln, eine eigene » Kunst des Handelns« erfinden. Dabei bieten sich unterschiedliche Haltungen (die sich in der Praxis überlagern können) an. [S. 125]

Für seine Vorhaben – egal, mit welcher Haltung er agiert – wird der entwerfende Designer von niemandem einen Auftrag erhalten. Der Ausgang aus der eigenen Unterworfenheit kann nur, um noch einmal Kant zu paraphrasieren, durch den Ausgang aus der eigenen Unmündigkeit erfolgen. Statt auf Aufträge zu warten, muss der entwerfende Designer, im Gegensatz zum unterworfenen, sich selbst beauftragen, sich selbst das Mandat erteilen, verantwortungsvoll – und damit auch politisch – zu handeln. [S. 128]

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HuM-Collective & Sophia Sadzakov, »Of Failure«, in: When the seed considered planting itself, Berlin: Distanz Verlag, 2021, S. 4–8

P r o l o g u e. In contrast to the offspace and studio project HuMBase, from which When the seed considered planting itself emerged, this publication misses a clear location. It lacks the self-explanatory quality that was inherent in the empty and desecrated church without much effort on our behalf from the very beginning. For this reason, we would like to address a brief explanation to the readers of this publication in order to offer an introduction and to outline our intentions with this book.

It made sense to use the spacious room in the north of Stuttgart just the way we did. It made sense to open it up, to not dictate an agenda, but to work out—on a small scale and from occasion to occasion—what is possible and where the space and its surroundings are limited. It made sense to rely on the many participants, and that, if they did exactly what they wanted to do, they would enable and open up new impulses and perspectives for themselves, for each other, for the audience and for us as initiators. That they themselves can decide what is relevant enough to be worked on and shown—and to be allowed to fail in the process. This all made sense to us and therefore did not need a general explanation. A realisation that we can or want to express only in retrospect.

It would be quite simply untrue to claim that we had a precise idea of the direction in which HuMBase would develop during its three years of existence. That we never had to outline its possible outcome, its ways of working, or even our intention, makes its retrospective classification not only difficult, but also extremely vague and subjective.

But perhaps that is exactly the point, and it is not for us to try to give an altogether satisfactory explanation here—perhaps that just wouldn’t make sense.

We do not have to decide how and by whom the platforms we designed will be used in the end and what structures will be formed in the process. As the title of this publication suggests, in this case we as tenants are no longer responsible for whatever wants to grow on this field.

However, we believe that this publication, especially in contrast to an actual location that is rather obviously visible as a platform, needs an explanatory preface. Something to hang on to. Although it is still difficult to expound the emerging structures prospectively here, the self-explanatory character of a regularly frequented, spacious place lacks. Furthermore, the alignment with former events and the exchange with visitors and artists is profoundly different with this publication. When the seed considered planting itself is therefore rather an exhibition „exhibition becoming book“, a recap and a further development of our concept of a platform, that stands and must stand for itself and yet in a certain way fits into the evolution of the HuMBase.

A development—as by separating the platform from a specific location, we want to create common space even in times of a global pandemic, and thus continue to contribute to the possibility of networking, linking and just taking place.
A recap—since we offered this space to the ’network of (HuMBase) friends‘, to use it, to pass it on, or to fail in doing something with it. Therefore when the seed considered planting itself also becomes a kind of documentation of the platform HuMBase at a certain point in time.

Yet how do we introduce something that we cannot fully grasp?

Until this final version of the preface was written, we failed with  a number of approaches to it. We wanted to make the character of our practice, which is difficult for us to define, understandable and at the same time to classify the structures that had developed there. We wanted to analyse what and above all why something works in this book despite the difficult transfer from building to book. And our work as a collective should be reflected in the form of our collaborative writing process.

But after a confusing and seemingly endless text with a multitude of different commentary levels, incoherent approaches and a begun transcript of a long discussion about the different emphases on various aspects of our work, this attempt to create a jack of all trades device died down in an act of failure.

Rather, we feel ourselves taken back to the beginning of the HuMBase. Facing something that we cannot quite understand, but that leaves us full of anticipation and ideas about the possibilities that the new ‚Platform: Publication‘ offers us and where we—or better still—where it can develop. In the following, we would like to name three core aspects of our practice that have accompanied us throughout our work in the HuMBase, as well as on this preface, and which therefore, also play an important role for this publication. Thereby, the visitors of the exhibition shall be given the opportunity to decide, evaluate and connect for themselves.

 

P e r s p e c t i v e. A ’satellite thought‘ that always accompanied us, crossed the cosmos of HuMBase, sometimes present and sometimes further in the distance, was the question of perspective. On the one hand, the perspective from which the HuMBase was viewed as a place of culture, but also as an institution, and the way in which we were supposed to behave in relation to it. The creation and opening of such a space unavoidably goes hand in hand with responsibility. Responsibility towards the landlords, the building and the neighbourhood, but—to a greater extent—also towards the participants and the audience, because in parallel to the opportunities, the expectations towards the ‚institution‘ seemed to rise as well. Particularly when we, as a place, set out to become part of an extremely lively cultural landscape, which, however, seems to lack the space to unfold in its entirety and yet offers enough examples of how cultural institutions are supposed to appear and act.

On the other hand, there was the question for ever new points of view and perspectives, which was opened up by the positions and works that interlocked or closely followed each other and thus offered spaces to take on new perspectives. Often it was only through distance and by looking at something new that the effect of previous events and the coincidental cross-references on different levels of interpretation became perceptible to us.

A metaphor that always surrounds us when thinking about perspective is the photo Earth Rising, shown on the cover in a stylised manner. In a stroke of good fortune, astronaut William ‚Bill‘ Anders, who was supposed to photograph our Earth’s satellite on December 24, 1968, during the Apollo 8 flight to orbit the moon, took this famous photo by chance rather than by design. A picture that shows the Earth rising above the horizon of the Moon, just as the Moon appears above the horizon of the Earth. The latter, which we usually perceive as an everyday astronomical phenomenon, becomes something entirely different when it is reversed. It turns from the everyday into the special—into an Overview-Effect that carries the potential to give generations of people a new point of view in order to be able to re-evaluate themselves, their own work and their connection to each other. Scaled down to the microscopic, this shift in viewing the same process from different perspectives plays an allegorical, recurring role in our work at HuMBase.

 

O p e  n i n g. Another key aspect of the past three years was the constant attempt to open up the HuMBase. This was based on the assumption that if we were to position ourselves as gatekeepers and convey an explicitly intended content through a programmatic selection process, we would limit the addressed possibilities, since we are forced to act only within our own capacity and horizon. Rather, we believe it is essential that fallow potential is made exploitable and accessible to the public. In case of the HuMBase, we attempted this by providing impulses in form of distributing our funding and workforce.

The idea was, and still remains, to retrospectively create many coherent levels of interpretation through the spatial, temporal as well as contemporary connection of the various positions, which line up or interlock without directly addressing each other. For, in this way, even an experiment, a single work, a failed attempt, a group exhibition or the grand gesture on a small scale can become a thoroughly relevant and visible part of a cultural discourse. Relevance creates itself and does not have to be co-created or conceived by us in advance.

To achieve this, we firstly tried not to be perceived as a pure presentation or exhibition space. We wanted to soften the institutional pressure that weighs on working in a publicly accessible space by characterising it as an experimental space and by allowing for the possibility of failure as part of artistic practice.

Secondly, thoughts about the accessibility of the HuMBase were our constant companions. For how do we design an institution without establishing an ‚inner circle‘ into which only an application or the courage to claim something helps to enter and thus appears highly exclusive? Here we started to play with our interpretation of a network of friends. We wanted to create a gradual appropriation of the space through a constant expansion of the field of participants. This assimilation, reinforced by the joint work on site and the constant exchange, should eventually lead to a communal feeling, to shared responsibility, mutual trust, help and thus in turn to a wider reach and more participants, in other words: friends. A closed circle that opens up to the outside world, that explores and communicates its own unstable conventions and is always in a state of flux—a never encrusted and yet self-structuring system.

Yet, a circle of friends has its limits and from the outside it inevitably appears as a closed, sworn society in which insider knowledge develops, mutual praise and opportunities are passed on to each other and newcomers always appear as newcomers, or at least may perceive themselves as such. In order to weigh the pros and cons of such social structures, we talked open-endedly and without any results about Vitamin B (Beneficial contacts) and a conceivable discovery of the ‚good‘ side of it. Furthermore, the distribution of responsibility only worked up to a certain point and also only up to a certain degree of trust. On the one hand, this may be due to our own fear to give free rein, on the other hand, it is certainly also due to being the formal mediators between the landlord, the neighbourhood, the house, the circle of friends and the audience.

 

F a i l u r e. All this leads us to the last of the three central aspects that we believe we can identify as important insights of our work. Failure as an attempt to sum up and look forward.

We know that we had to turn down many positions due to the vast number of requests, the limited time and the numerous boundaries of the use of space, even though we wanted to make everything possible.

We know that we were perceived as exclusive and at least partially as a closed and sworn offspace project. The many small-scale agreements, without big theses at the church gate, created a non-transparency that probably was—and still is—an obstacle to our attempt to loosen the expectations towards the ‚institution‘ HuMBase precisely from this.

We know that we have failed in many ways.

And yet we dare to believe that the idea of the HuMBase worked precisely because of this failing. That the lessons that others, but especially that we could learn from will find resonance somewhere and were not in vain. We dare to hope that this productive failing, which we always thought of as an opportunity of the work at HuMBase, is granted to us as well.

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Sollten wir als Designer Mündig sein?

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 80

Hebelwirkung entsteht, wo die »Dunkle Materie« eines Objekts in die Gestaltung mit eingebracht wird: die hinter der Oberfläche liegenden Strukturen. Wer etwas für Bildung tun will, sollte nicht ein Schulbuch gestalten, sondern eine Schule. Wer mehr Offenheit für Asylbewerber in der Gesellschaft erzeugen möchte, sollte keine Plakate aufhängen, sondern ein Hotel eröffnen. […] Ein solcher erweiterter Designbegriff verändert die Rahmenbedingungen von Gestaltung selbst: »Für die drängenden Fragen des 21. Jahrhunderts, wie Bildung, Gesundheit, soziale Gerechtigkeit (…), gibt es keine Auftraggeber. Wer ist der Auftraggeber für die Bekämpfung des Klimawandels? Diese Probleme werden nicht in überschaubaren Päckchen angeliefert. Jede dieser Fragen stellt existierende Methoden, Ideologien, Praktiken und Strukturen infrage. (…) Ein systemorientierter Ansatz sieht ›Gesundheit‹ zum Beispiel nicht in der alleinigen Verantwortung des Gesundheitsministeriums. Gesundheit ist direkt beeinflusst von Faktoren wie Stadtplanung, Ernährung, Bildung (…), die alle außerhalb der abgesteckten Grenzen einer einzigen Abteilung liegen«, schreibt der Designer, frühere Berater der finnischen Regierung und heutige Leiter von Fabrica Dan Hill.

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 68

Die Idee des Agenten des Wandels muss sich aber über den Status einer Pro-bono-Kultur hinaus entwickeln, um ihre echte Kraft entfalten zu können. Es ist natürlich nichts falsch daran, die eigene Arbeitskraft oder die eigenen intellektuellen Fähigkeiten einem guten Zweck zu spenden. Wenn sich aber Agenten des Wandels nicht ausreichend professionalisieren, werden die Ergebnisse immer hinter dem Potenzial zurückbleiben. Die Beispiele zeigen, dass im Bereich der sozialen Innovationen eine ganze Palette neuer unternehmerischer Ideen und Geschäftsmodelle entstehen. Diese Verknüpfung von gesellschaftlichen Zielen mit unternehmerischem Handeln ist dabei nichts Verwerfliches, denn erst wenn eine Idee als funktionierendes »Geschäftsmodell« beschrieben werden kann, Initiativen verstetigt und skaliert werden, kann die entsprechende Hebelwirkung entstehen und aus einer Utopie Realität werden.

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 75 – 76

Die »Dunkle Materie« ist der strukturelle, kulturelle, strategische und systemische Teil einer Designaufgabe, der zwar nicht sichtbar ist – aber fundamental für die Lösung. [S. 75]

Wenn wir beispielsweise ein Mobiltelefon kaufen, wird mit diesem Telefon nicht nur eine Technologie, eine gestaltete Hülle und der Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk geliefert. In dem Telefon stecken auch Bürgerkrieg um die Ausbeutung von Minen mit seltenen Erden, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Umgehung sozialer Standards und Gesundheitsschäden bei vielen Menschen, die an der Herstellung des Telefons beteiligt sind. […] Es wäre natürlich nicht richtig, dem Designer, der das iPhone gestaltet hat, die Schuld an diesen Umständen zu geben […] Das bedeutet aber nicht, dass die »Dunkle Materie« nicht gestaltbar wäre. Die Frage, die Vanstiphout stellt, ist, wo der Auftrag für Gestalter beginnt und wo er endet – und damit, was Gestaltung in seinem inneren Kern eigentlich bedeutet. Design kann […] Dinge sichtbar machen und Lösungen in Form von Prototypen, Beispielen und Möglichkeiten aufzeigen. Design kann – ausgehend von menschlichen Motivationen, einem tieferen Verständnis von sozialen Faktoren und dem Umfeld, in das Produkte eingebettet sind – Alternativen entwickeln, die wirtschaftlich und sozial wünschenswerter sind als der Status quo. Design ist Ausdruck des Optimismus, dass die Welt gestaltbar ist. Um das tun zu können, müssen – so Vanstiphout – Designer ihren eigenen Auftrag massiv ausdehnen, hinein in Gebiete, wo nicht mehr einzelne Formen verändert werden, sondern Systeme wie ein Mobiltelefon in ihrer Gesamtheit betrachtet werden: formal, strategisch und sozial. [S. 76]

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Wie nutzen wir Ästhetik?

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Wann ist Design Relevant?

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Bruno Morani, Design as Art, London: Penguin Modern Classics 2008, S. 45 – 48

Styling is a kind of industrial designing, and of all branches of design the most ephemeral and superficial. It does no more than give a veneer of fashion, a contemporary ›look‹, to any object whatever. The stylist works for the quick turnover, and takes his ideas from the fads of the day. […] What most interests a stylist is line, sculptural form, a bizarre idea. A little science fiction does no harm and a sense of elegance is basic. [S. 45]

There is no such thing as personal style in a designer’s work. While a job is in hand, be a lamp, a radio set, an electrical gadget or an experimental object, his sole concern is to arrive at the solution suggested by the thing itself and its destined use. Therefore different things will have different forms, and these will be determined by their different uses and the different materials and techniques employed. [S. 47 – 48]

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in: Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 363

Alles, worin man früher harte, objektive, unabänderliche materielle Dynamiken gesehen hatte (man erinnere sich an den »unausweichlichen Gang des Fortschritts«, den »rasenden Lauf der Technik«), hat sich inzwischen in Luft aufgelöst. Ja, alles, was während der vier oder fünf bisherigen industriellen Revolutionen designt wurde, muss nun redesignt werden. Es ist die gleiche materielle Welt, aber sie muss nun neu gemacht, überarbeitet werden mit einer vollständig anderen Vorstellung von dem, was es heißt, etwas zu machen.

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 204

Es gibt aber eine Qualität, die die entscheidende Grundlage für den möglichen Erfolg all dieser gestalterischen Ansätze ist: Ästhetik oder »Total Beauty« als die gesamte Palette von Eigenschaften, die darüber entscheiden, wie Menschen Gegenstände wahrnehmen. Gesucht ist nicht eine Ästhetik, die mangelnde Radikalität durch Gestaltung überdeckt, und auch keine Ästhetik, die sich selbst misstraut und Echtheit mit gestalterischem Desinteresse verwechselt. Gesucht ist eine neue Avantgarde, die antritt, die Welt zu verändern, indem sie Wahrnehmung und Empfindung mit radikalen Ideen verknüpft.

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 39 – 54

Die geschichtliche Dimension des Designs besteht zum einen darin, dass sich der Sinn des Begriffs des Designs im Lichte neuer Designgegenstände durchaus qualitativ wandeln kann. Zum anderen besteht sie darin, dass Design selbst einen geschichtlichen Ursprung hat. [S. 39]

Nicht allein lässt sich der gegenwärtige Gebrauch und Sinn einer Sache nicht aus ihrem Entstehungskontext ableiten. Vielmehr hat er mit ihr in bestimmter Weise auch gar nichts zu tun. Nietzsche geht noch weiter: »[E]twas Vorhandenes, irgendwie Zu-Stande-Gekommenes [wird] immer wieder von einer ihm überlegenen Macht auf neue Ansichten ausgelegt, neu in Beschlag genommen, zu einem neuen Nutzen umgebildet und umgerichtet. [ … ] [D]ie ganze Geschichte eines Dings, eines Organs, eines Brauchs kann dergestalt eine fortgesetzte Zeichenkette von immer neuen Interpretationen und Zurechtmachungen sein, deren Ursachen selbst unter sich nicht im Zusammenhang zu sein brauchen. [ … ] Die Form ist flüssig, der Sinn ist es aber noch mehr.« Mit dem Gedanken, dass etwas eine Geschichte hat, geht für Nietzsche also der Gedanke einher, dass es hier in gewisser Weise überhaupt kein etwas bzw. keine Sache gibt. Was es in Wahrheit gibt, sind Artikulationsformen der Macht, im Rahmen deren die vermeintliche Sache hinsichtlich ihres Sinns immer wieder anders in Beschlag genommen wird. Eine Geschichte des Designs wäre somit eine Geschichte der Kämpfe, die mit einer Bestimmung dessen, was Design ist, einhergehen. Das aber heißt: Es gibt letztlich gar kein Design; ist nicht nur die »Form« – die Art und Weise, »wie« Design ist –, sondern auch der Sinn – das, »was« Design ist – »flüssig«, so sucht derjenige, der danach fragt, was Design ist, in Nietzsches Augen nach etwas, das es nicht gibt: »Defingerbar ist nur das, was keine Geschichte hat.« […] Mag der Weg von den ersten industriell hergestellten Gebrauchsgegenständen wie frühen Plakaten zum heutigen Design von Typographien, Interfaces und Firmenlogos auch weit und unübersichtlich sein. Mehr noch: Mag es sogar so sein, dass auf diesem Weg alles zur Disposition stand. Daraus folgt noch nicht per se, dass es Design nicht gibt. […] Sie sieht so aus, dass man sagt, dass es eine Sache gibt, die sich geschichtlich derart entwickelt, dass diese Entwicklung nicht als Entfaltung von etwas begriffen wird, was vor der Entwicklung schon in der Sache angelegt war. Entwicklung muss demgegenüber so gedacht werden, dass in und durch sie die Sache neu- und weiterbestimmt wird. Nietzsche hat Recht, wenn er sagt, dass sich das, was eine Geschichte hat, nicht definieren lässt. Und zwar dann, wenn man unter Definition die Angabe jeweils notwendiger und zusammen hinreichender Bedingungen versteht. Er täuscht sich aber gleichwohl darin, wenn er daraus meint, schlussfolgern zu können, dass es die Sache nicht gibt. Denn es gibt sie. Aber sie ist etwas, das geschichtlich in Bewegung ist. [S. 48 – 52]

Der Sinn von Grundbestimmungen des Denkens zeigt sich im Lichte von Hegels Überlegungen als beweglich: Im Lichte der jeweils späteren Bestimmung wird die jeweils frühere allererst verständlich, wie im Lichte der jeweils späteren die jeweils frühere zugleich anders gedacht werden muss. Das, was scheinbar dem historischen Prozess ermöglichend und von ihm selbst noch unaffiziert vorausliegt, erweist sich erstens als etwas, was nur unter denBedingungen späterer historischer Entwicklungen thematisch werden konnte. Zweitens erweist es sich als etwas, dessen Sinn sich im Lichte späterer Entwicklungen als beweglich zeigt. Just in dieser Weise möchte ich die Grundbestimmungen, die den Begriff des Designs ausmachen, verstanden wissen. Es handelt sich hier nicht um Bestimmungen, deren Sinn abschließend definiert wäre. Vielmehr sind damit Bestimmungen gemeint, deren Sinn in und durch neue Designgegenstände wie allgemeinere gesellschaftliche und technologische Errungenschaften jeweils neu ausgehandelt werden. Der Begriff des Designs selbst zeigt sich somit im Lichte seiner historischen Bewegtheit als von einer unbestimmten Bestimmtheit. [S. 53 – 54]

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 176

Ein Projekt ist ein »Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen<<, so lautet die Definition des Begriffs »Projekt« des Deutschen Instituts für Normung e.V. {DIN 69901). Diese Definition macht deutlich, dass das »Projekt« den Rahmen absteckt, in dem sich Design bewegt: Problemstellungen, Zielvorgaben, Ressourcen, Zeit, Geld… Wer aber sagt, dass das der einzige Blickwinkel ist, aus dem sich gestalterische Fragestellungen betrachten lassen? […] »Wir brauchen kein ›Out of the Box‹-Denken (…). Wir brauchen ein komplett neues Verständnis der Box selbst«, sagt Bruce Sterling in Bezug auf die zukünftigen Potenziale von Design, oder besser: von gestalterischem Denken. Dan Hill macht es noch konkreter: »Design beschäftigt sich für gewöhnlich mit ›Known Knowns‹ und ›Known Unknowns‹: das benutzerfreundliche Interface, die lebenswerte Stadt, die nachhaltige Produktion… Was aber, wenn schon der Rahmen, das Projekt, das Ziel und die Frage falsch definiert waren?« 62 In der Welt der Unknown Unknowns wächst Design eine neue Aufgabe zu: Statt Projekte zu verfolgen, die Ziele definieren, und damit einen linearen Weg zu einer Lösung zu beschreiben, kann Design durch Prototypen, Versuch und Irrtum, Piloten 026 und Mutmaßungen auf der Basis von beschränktem Wissen 096 viele Wege skizzieren, die einen Raum von Möglichkeiten beschreiben.

Mit dem Anspruch, »die Box zu gestalten« und anstelle vermeintlicher Lösungen neue Kontexte hervorzubringen, ist der Designer in der Welt der Politik, der Gestaltung von gesellschaftlichen Realitäten, Kultur und Entscheidungsprozessen angekommen. Es gibt sicher nicht wenige Designer, die sagen, dass Gestaltung dann aufhört, Gestaltung zu sein – und etwas anderes wird. Es gibt aber auch einige, die sagen, dass Gestaltung an diesem Punkt überhaupt erst beginnt.

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Ist Denken schon Tun?

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Wird die Verantwortung des Designers immer größer?

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 71 – 108

»Design hat den Kapitalismus gerettet«, sagt Ruedi Baur in einem Gespräch für dieses Buch. Gestaltung ist das sichtbare Interface der Warenwelt, der Generator von Differenzierungsmerkmalen und poetischer Durchlauferhitzer kalter, sachlicher und unsichtbarer Technologie. »Nicht die Kirchen, sondern Konsumtempel sind der Ort moderner Religiosität«, beschreibt Norbert Bolz den Wandel des Gestalters als Anbieter purer Information im Sinne der Ulmer Schule hin zum mythologisch-kulturell auf geladenen Geschichtenerzähler der Postmoderne. »Der Theologieprofessor Harvey Cox vergleicht die Schaufenster der Warenhäuser mit der Krippenszenerie und das Markenzeichen mit einer säkularisierten Hostie.« 10 Die Rettung, von der Baur spricht, hat sich in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vollzogen. Indem Gestalter effektive Alternativen für die säkularisierten Rituale und zerstörten Umgangsformen der »alten Welt« zur Verfügung stellten, wurde die westliche Welt vor dem Kollaps bewahrt und die Fortsetzung ihrer Lebensmodelle ermöglicht. [S. 71]

Design beschäftigt sich seit jeher mit dem »Machbaren«. Die von Auftraggebern, Anwendbarkeit, Deadlines, Budgets und Markterfordernissen gesetzten Grenzen formen die Disziplin. Design – so, wie wir es bisher kennen – bezieht seine Existenzberechtigung aus seiner Umsetzbarkeit und muss sich in der Nutzung beweisen. […] Was aber wäre, wenn Design mit dem Imaginären zu tun hätte? Wenn es nicht darum ginge, ob etwas wahr ist – sondern darum, ob es faszinierend genug ist, um daran glauben zu können? Kann es eine Designpraxis geben, die Nutzen generiert, ohne genau zu wissen wofür? [S. 107]

Wem gebührt der größere Verdienst an der Mondlandung? Dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, dem Astronauten Neil Armstrong oder dem französischen Science-Fiction-Autor Jules Verne mit seinem Roman »Reise zum Mond« von 1873? Es ist kaum denkbar, dass ein Land die ungeheuren Ressourcen, die Energie, die Risikobereitschaft und den Durchhaltewillen für ein solches Unternehmen aufbringen würde, wenn das Apollo-Programm nur eine technische und politische Herausforderung gewesen wäre und nicht auch ein kollektiver Traum – ein großes Bild, das aus seinem Rahmen herausgelöst und in die Realität versetzt werden sollte.
»Suspension of Disbelief« ist der soziale Motor für Wandel: Ohne Glauben gibt es keinen Fortschritt. Denn Glaube beginnt dort, wo das Wissen endet. Damit bekommt der Fortschritt eine emotionale und poetische Dimension. [S. 108]

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Was ist der Stellenwert des Studiums?

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Wie sehen wir uns?

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Anke Haarmann, »Zu einer Kritischen Theorie des Social Designs«, in: Julia-Constamce Dissel (Hg.), Design & Philosophie. Schnittstellen und Wahlverwandschaften, Bielefeld: Transcript 2016, S. 81

Der Architekt und Designer Victor Papanek stellt 1971 fest, dass Design keine Frage der Schönheit von Dingen alleine sei, sondern eine Frage der Verantwortung. Für Papanek entspringt das Verhältnis von Verantwortung und Design zwei unterschiedlichen Ebenen – einer fundamental anthropologischen und einer konkret handelnden.

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Wollen wir für den Zeitgeist gestalten?

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Friedrich von Borries, Weltentwerfen, Eine politische Designtheorie, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 52 – 53

Ein das Kollektiv entwerfendes Überlebensdesign transformiert sich dazu in andere Formen von Design. Es wendet sich Fragen des Gesellschaftsdesigns zu, um neue Formen des Zusammenlebens zu imaginieren. Es entwirft resiliente soziale und räumliche Strukturen, damit Situationen der Gefährdung sich nicht zur Krise oder zum Ausnahmezustand auswachsen können. Es entwirft ökonomische Ordnung, die sich dem Paradigma des Wachstums entgegenstellen. Als Design der Transformation entwickelt es Produkte und Kontexte, mit denen diese Ökonomien erprobt und eingeübt werden können. Im Modus der Einübungen verwandelt sich das Überlebensdesign in eine Form von Selbstdesign, dessen Gegenstand nicht die Umwelt, sondern die eigenen Verhaltensmuster sind.

Um die Angst zu überwinden, sind positive Zukunftsentwürfe erforderlich. Ein entwerfendes Überlebensdesign stellt dem Modus der vermeintlichen Notwendigkeit, stellt dem Druck des Faktischen ein ins positiv gewendete »moralische Phantasie« entgegen (Anders 2002 [1956], S. 273), die sich nicht am Defizitären ausrichtet, sondern das Mögliche in dem Blick nimmt. So hilft Überlebensdesign dem Menschen und der Menschheit nicht nur beim situativen, sondern auch beim kollektiven Überleben.

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 42

Gegenstände des Designs sind eben nicht nur gegenwärtig sehr unterschiedlich, sondern stehen in Entwicklungs- und Abstammungslinien. Entsprechende Transformationen der Gegenstände wie unseres Verständnisses von Design hängen natürlich oft mit weitergehenden gesellschaftlichen, politischen wie technologischen Veränderungen zusammen.

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 216 – 217

Man mag solche Positionen, die Design als Modus des politischen Handelns und der Zukunftsgestaltung postulieren, visionär finden, anmaßend oder schlicht naiv – sicherlich aber sind sie von einer aufschlussreichen Ambivalenz durchzogen. In ihrem Anspruch, Gesellschaft und Zukunft zu gestalten, scheinen Idealismus und Dogmatismus, Ganzheitlichkeit und Totalitarismus, Ermächtigung und Repression, Hoffnung und Resignation nie weit voneinander entfernt zu sein. Angemessen scheint in diesem Zusammenhang eine reflektierte und differenzierte, multiperspektivische Sichtweise, die einerseits die aus dem Designbereich kommenden Handlungs- und Gestaltungsvorschläge auf- und ernst nimmt, die sich andererseits aber auch um die notwendige Differenzierung sowie um einen moderaten Optimismus bemüht.

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Kann die Arbeit als Designer zum Lebensinhalt werden?

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 364 – 367

Der erste Teil dieses Beitrags lässt sich am besten zusammenfassen, indem ich ein wunderbares Wortspiel von Henk Oosterling zitiere: »Dasein ist Design«. [S. 364]

Wenn wir sagen: »Dasein ist In-der-Welt-Sein«, gehen wir gewöhnlich sehr rasch über die kleine Präposition »in« hinweg. Nicht so Sloterdijk. »Wo ist dies Darin?«, fragt er, »Und in was?« […] Es gibt kein Draußen: Draußen ist ein anderes Innen mit einem anderen Klimaregler, einem anderen Thermostat, einer anderen Klimaanlage. […] Menschen definieren, heißt die Umhüllungen definieren, die Lebenserhaltungssysteme, die Umwelt, die es ihnen erlaubt, zu atmen. […] Genauso wie ein Raumanzug oder eine Raumstation vollständig artifiziell und sorgfältig designt sind, so sind es alle Hüllen, aus denen die fragile Lebenserhaltung der Menschen gebildet wird. […] Wie können wir die gänzlich verschiedenen Reihen von Gefühlen, Leidenschaften und Antrieben, die durch die beiden alternativen »großen Erzählungen« der Moderne ausgelöst werden, miteinander versöhnen – die der Emanzipation (die offizielle Geschichte) und die der Bindung (die verborgene Geschichte)? [S. 365]

Der Schlüsselbegriff, um die beiden Reihen von Leidenschaften miteinander zu vereinbaren und die befremdliche Rolle eines vorsichtigen Prometheus zu erfinden, ist der der Explikation. Explikation ist eine Konsequenz des Konzepts der Hüllen. Hülle ist ein Ausdruck, der sicher die Aufmerksamkeit von Architekten und Designern auf sich zieht: Wir sind umhüllt, eingewickelt, umgeben; wir sind nie draußen, es sei denn, wir hätten eine andere, fragilere, technologisch raffiniertere Hülle neu geschaffen. Wir bewegen uns von Hüllen zu Hüllen, von Falten zu Falten, nie von einer Privatsphäre zum »Großen Außen«. [S. 366]

Nach einer solchen Sichtweise bestehen ökologische Krisen in der langsamen und schmerzlichen Realisierung, dass es kein Außen mehr gibt. Das bedeutet, dass keines der für die Lebenserhaltung notwendigen Elemente für unabänderlich gegeben erachtet werden kann. […] Wenn ich weiter oben die fünf Gründe, weshalb der Designbegriff ein so wirksamer Ersatz für die Begriffe des Machens, Bauens und Konstruierens ist, korrekt definiert habe, könnte die Explikation uns helfen zu verstehen, dass es möglich ist, zu re-materialisieren, ohne dass wir mit dem Ausdruck »Materie« wieder das gesamte modernistische Gepäck der »Tatsachen« importieren. […] Doch wenn er sich mit Materialitäten beschäftigt, bestehen diese eben nicht in Tatsachen, die man in verschiedenen sozialen oder symbolischen Fragen als letztes Wort geltend machen könnte, um unabänderliche Naturnotwendigkeit zu dokumentieren. Sondern wenn er einem Ort Materialität hinzufügt, dann macht er eine weitere fragile Hülle explizit, in die wir sogar noch tiefer eingewickelt sind. [S. 367]

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Sollten wir Jobs, die nicht unserer Moral entsprechen, grundsätzlich ablehnen?

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Frank Wagner, Value of Design, Wirkung und Wert von Design im 21. Jahrhundert, Mainz: Verlag Hermann Schmidt, S. 114 – 115

In der Wissenschaft wird zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation unterschieden. Als intrinsische Motivation wird das Bestreben bezeichnet, etwas um seiner selbst willen zu tun, weil es Spaß macht, Interessen befriedigt oder eine spannende Herausforderung darstellt – von innen heraus und ohne äußere Belohnungssysteme. Als extrinsisch dagegen bezeichnet man die Motivation, bei der der Wunsch im Vordergrund steht, bestimmte Leistungen zu erbringen, weil man sich davon einen Vorteil verspricht oder Nachteile vermeiden möchte.

Die Motivationsforschung unter John Barbuto und Richard Scholl (1998) unterscheidet zwischen zwei intrinsischen und drei extrinsischen Quellen der Motivation. Die intrinsischen Motivationsgründe sind:

1. Interne Prozessmotivation
Das besondere Merkmal dieser Motivation besteht darin, dass jemand eine Aufgabe um seiner selbst willen bewältigt. Beispiel: Ein Designer führt neben seinen Auftragsarbeiten noch einen Design-Blog, ein Controller wertet intensiv Statistiken aus oder ein Autor schreibt kreative Artikel für Wikipedia – einfach weil es ihnen Spaß macht. Sie denken gar nicht lange darüber nach, warum sie das machen und welche Vorteile sie davon haben könnten.

2. Internes Selbstverständnis
Das Verhalten und die Werte dieser Personengruppe orientieren sich an inneren Standards und Maßstäben. Sie folgen manchmal auch aus nicht mehr nachvollziehbaren oder unbewussten Gründen einer Idealvorstellung und haben diese als Leitlinie ihres Handelns verinnerlicht. Sie möchten etwas nach ihren Vorstellungen verändern und haben ein anspruchsvolles Leistungsmotiv
als Gradmesser dieses Engagements.

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Friedrich von Borries, Weltentwerfen, Eine politische Designtheorie, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 119

Im Anthropozän ist die Welt gleichzeitig Gegenstand und Ergebnis von Design. Das Design sich auf die ganze Welt bezieht ist eine Unausweichlichkeit. Die natürliche Lebenswelt ist nicht alleinige Bedingung des Menschseins, sondern der Mensch ist auch eine Bedingung der natürlichen Lebenswelt. Diese Umkehrung erfordert ein neues Verständnis von Politik und Design.

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 27 – 202

Die skizzierten Charakteristiken und Befindlichkeiten von Designtheorien und -forschung machen die ganze Komplexität und Ambivalenz, aber auch das Potenzial und die Grundproblematik des Feldes sichtbar. Zum einen ermöglicht die ausgeprägte Orientierung an der Dimension der ›Praxis‹ eine durchaus auch für andere wissenschaftliche Disziplinen erwünschte Nähe zu konkreten gesellschaftlichen Fragestellungen und Problemen.
Explizit an der Praxis ausgerichtete Designtheorien und -forschung machen es sich zur Aufgabe, ›reale‹ Bedürfnisse zu erkennen und der Theoriebildung einen konkreten Zweck und Nutzen zu geben. Sie zeigt sich in dieser Hinsicht als ein unverhohlen normatives und wertegeleitetes Unterfangen, als konsequenter, wenngleich schwieriger Versuch, Wissensproduktion im Zeitalter von Wissenschaftsskepsis und der Ökonomisierung von Wissen weiter zu betreiben. [S. 27]

Dabei wurde deutlich, dass sich die Designdisziplin und mit ihr die Theorien und Methodologien des Designs in steter Transformation befinden und gerade darin eine Form von Konstanz aufweisen. Das Streben nach einer Öffnung, Erweiterung und Entgrenzung des Designbegriffs zieht sich als roter Faden durch die Geschichte des Designs – gerade so, als ob die jeweils geltenden Aufgabenbereiche und Wirkungsfelder von Design immer schon als zu klein und zu beengend empfunden wurden. Besonders gilt dies im Hinblick auf solche Sichtweisen, die im Design nicht mehr sehen wollen als eine kommerzielle Tätigkeit im Kontext der industriellen Warenproduktion, eine oberflächliche Dekoration von Produkten oder ein »Make-up der Maschinen« (Sloterdijk 2010: 15). In Opposition zu diesen Ansichten, die als Designkritik durchaus ihre Berechtigung haben, stehen zahlreiche jüngere Positionen, die Design mit gesellschaftlichen und politischen Fragen verbinden. Sie heben die weitreichenden sozialen, politischen, ökologischen Implikationen und Konsequenzen, aber auch die Relevanz und Verantwortung hervor, die mit der Gestaltung artifizieller Dinge und ›künstlicher Welten‹ einhergehen. das Bild von Design erfährt dabei eine einscheidende Transformation: Es wandelt sich von einem Berufsbild im Kontext der industriellen Produktion zu einem Modus des politischen Handelns. [S. 198 – 199]

Design wird in diesem Zusammenhang als eine spezifische Form des Fragestellers (problem-asking) und der Entscheidungsfindung (decision-making) gesehen. Design könne, so behaupten auch die beiden Designwissenschaftler Harold Nelson und Eric Stoltermann »die existierende Ordnung der Dinge auf radikale Weise transformieren« (Nelson/Stoltermann 2003: 2) […] Diese Auffassung von Design führt konsequenterweise zur Idee einer Designpolitik, in der es um die Dekonstruktion und Umgestaltung des Sozialen und Politischen selbst geht. Gegenstand einer solchen Designpolitik sind etwa politische Führungsstile und ›Marken‹ (Milev 2011: 52), die Planung und Gestaltung von Regierungsformen und Repräsentationspolitiken, Arbeitsformen und Ökonomien, Lebensräumen und Infrastrukturen – ja selbst Krisen und Katastrophen können unter dieser Perspektive reflektiert und analysiert werden. [S. 201]

Der Designbegriff erfährt in diesem Zusammenhang eine dezidiert politische Wendung und Erweiterung, die ihn mit anderen Formen von sozialen Utopien, Zukunftsvisionen oder Gesellschaftsfiktionen vereint. [S. 202]

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Anke Haarmann, »Zu einer Kritischen Theorie des Social Designs«, in: Julia-Constamce Dissel (Hg.), Design & Philosophie. Schnittstellen und Wahlverwandschaften, Bielefeld: Transcript 2016, S. 82

Professionelle Designer und Planer seien verantwortlich für alle uns umgebenden Produkte und entsprechend auch verantwortlich für fast alle Umweltprobleme, entweder direkt durch ihr schlechtes
Design oder indem sie ihre verantwortungsvolle Kreativität vernachlässigten und sich nicht einmischen – »not getting involved« 9. Papanek polemisierte gegen die »kleenex culture« des Wegwerfdesigns und gegen »Spielzeuge für Erwachsene«, welche die Welt nicht brauche […].

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Wann beginnt ein Designprozess und wann endet er?

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Mark Greif, Bluescreen, Essays, Berlin: Suhrkamp Verlag 2011, S. 139 – 140

Trotz alledem leben wir in einem ästhetischen Zeitalter, in einer Ära des totalen »Designs«, für die es historisch keine Vorbilder gibt. Das Aussehen und die Haptik einmal designter Dinge werden permanent redesignt, um unser ästhetisches Empfinden zu befriedigen und unser Interesse zu wecken. Das Design, das potenziell die ganze Welt überziehen und durchdringen kann, hat die Kunst überflügelt, von deren individuellen Objekten man erwartete, dass sie sich voneinander unterschieden, und die einer Sphäre jenseits des Alltäglichen angesiedelt waren.

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Mark Greif, Bluescreen, Essays, Berlin: Suhrkamp Verlag 2011, S. 108 – 109

Die Annahme, das Wirtschaftssystem würde zusammenbrechen, wenn man die Einkommen deckeln würde, ist eine der zweifelhaftesten Annahmen der herkömmlichen ökonomischen Psychologie. Gehen Sie doch einmal für einen Moment in sich und überlegen Sie, ob Sie diese Annahme teilen. Wird ein Erfinder sofort mit dem erfinden aufhören, wenn seine Erfindungen zwar weiterhin größeren kollektiven zugutekommen – einem Unternehmen beispielsweise oder der Gesellschaft insgesamt –, seien ohnehin zufriedenstellendes Einkommen dadurch jedoch nicht weiter steigt?
Würden die freien Berufe einfach verschwinden, wenn Ärzte nur noch wegen der Gesundheit und Anwälte nur noch wegen der Gerechtigkeit und 100 000 Dollar arbeiten würden, anstatt für – sagen wir – eine Millionen? Werden die Künste und die Unterhaltungsindustrie kollabieren, sobald Schauspieler, Autoren und Produzenten nur mehr als die Ehre und 100 000 Dollar arbeiten? Würden Baseballspieler wirklich die Branche wechseln? Wenn sie jetzt in Panik geraten, Weil sie sich eine Obergrenze von 100 000 Dollar nicht vorstellen können, dann setzen wir sie eben bei 150 000 Dollar an. Unser ganzes System gründet auf der irrtümlichen Vorstellung, dass die Menschen die von Ihnen gewählte Arbeit eigentlich hassen, während sie eine überwältigende Liebe für das Geld empfinden. Vermutlich ist das exakte Gegenteil der Fall. Sogar ein richtig erfolgreicher Wertpapierhändler muss seine Arbeit auf irgendeine Art und Weise lieben. Er genießt den Wettbewerb, der in Ermangelung anderer Kriterien in Geld gemessen wird, und all die Action und das Taktieren und die Gedanken- und Organisationsspiele, die ganz einfach seine Berufung sind. Diesem Ruhm und könnte er allerdings auch in einer Gesellschaft nachjagen, in der er mit diesem Sport der Könige nur 100 000 Dollar im Jahr verdienen würde – in der er, ja, wir alle wesentlich besser dran wären.

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Luc Boltanski & Ève Chiapello, »Die Arbeit der Kritik und der Normative Wandel«, in: Christoph Menke und Juliane Rebentisch, Kreation und Depression, Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus, Berlin: Kulturverlag Kadmos 2010,
S. 28 – 32

Die erste Periode [1968 bis 1978] ist von einem starken Aufschwung der Kapitalismuskritik geprägt, die 1968 und in den Folgejahren kulminiert. Diese Kritiken bedrohen den Kapitalismus mit einer ernst zu nehmenden Krise. Sie äußern sich nicht nur verbaI. Die Kritik kommt in Streiks und m Gewalttaten zum Außdruck, die die Desorganisation der Produktion zur Folge haben, die die Qualität industrieller Produkte senken und nach einigen Einschätzungen auch die Lohnkosten verdoppeln. Diese Situation ist für die Verantwortlichen der kapitalistischen Institutionen, in erster Linie die Arbeitgeber, natürlich alarmierend. Angesichts der Autoritätskrise und der Ablehnung der Fabrikarbeit besonders unter den Jüngeren, sind diese ernsthaft beunruhigt. Im Gegensatz dazu äußert sich die soziale Bewegung in der zweiten Periode [1985 bis 1995] nur noch in Formen humanitärer Hilfe. Die Gewerkschaften scheinen desorientiert. Sie haben die Handlungsinitiative verloren, obwohl sich die Bedingungen der Angestellten verschlechtert haben und sich die Ungleichheit der Löhne verschärft hat. Die Arbeitskräfte scheinen erneut unter Kontrolle zu sein, die Konflikte und die Streiks berühren nur noch einen kleinen Teil der Arbeitnehmer aus dem öffentlichen Sektor. Das Fernbleiben vom Arbeitsplatz hat stark abgenommen.
Der Großteil der Reorganisation dominanter Wertesysteme, den wir in unserer Studie zum Wandel des Geistes des Kapitalismus heraus gearbeitet haben, ermöglicht es, die Abwesenheit eines kritischen Widertands gegen den Kapitalismus der achtziger Jahre wenigstens bis zur Mitte der neunziger zu verstehen. Wenn man in Betracht zieht, dass sich die Kritik im Namen von Werten äußert, von denen man meint, sie wären durch den Kapitalismus lächerlich gemacht worden, kann eine größere Transformation des den Kapitalismus rechtfertigenden Wertesystems zumindest für eine bestimmte Zeit kritische Aktivität entwaffnen.
Die Kapitalismuskritik ist so alt wie der Kapitalimus. »Man kann die These – ohne paradox zu argumentieren – unterstützen, daß der Antikapitalismus im Laufe der Geschichte der wichtigste Ausdruck des Kapitalismus gewesen ist.« Und gerade weil er Objekt der Kritik ist, ist der Kapitalismus immer wieder dazu gezwungen, sich zu rechtfertigen. Um fortzuleben, muss er sich mit einem kapitalistischen Geist ausrüsten. Ohne Kritik hat die Rechtfertigung keinen Sinn. Wir unterscheiden zwei Typen der Kapitalismuskritik, die seit dem 19. Jahrhundert von Bedeutung sind. Der erste ist die Sozialkritik: Sie betont die Ungleichheiten, die Armut, die Ausbeutung und den Egoismus einer Welt, die den Individualismus im Gegensatz zur Solidarität fördert. Sein Hauptträger war die Arbeiterbewegung. Der zweite Typ ist das, was wir als »Künstlerkritik« bezeichnen. Sie hat sich zunächst in den kleinen Künstler- und Intellektuellenkreisen entwickelt und andere Züge des Kapitalismus betont: Sie kritisiert die Unterdrückung in einer kapitalistischen Welt (die Herrschaft des Marktes, die Disziplin, die Fabrik), die Uniformierung in einer Massengesellschaft und die Transformation aller Gegenstände in Waren. Demgegenüber pflegt sie ein Ideal individueller Autonomie und Freiheit, ihre Wertschätzung gilt der Einzigartigkeit und Authentizität. […] Ohne hier die Geschichte der Arbeitgeberreaktionen auf diese Situation schreiben zu wollen […], glauben wir, dass der Kapitalismus nur deswegen wieder Fuß fassen konnte, weil er es akzeptierte, einem Teil der Forderungen der »Künstlerkritik« nachzugeben. Ein Teil dieser Forderungen wurde tatsächlich in den neuen Unternehmensstrategien berücksichtigt. Ohne ein solches Vorgehen hätten die erfolgten Veränderungen niemals einen solchen reformistischen Enthusiasmus hervorgerufen.
Die Forderung nach Autonomie wurde in die neuen Unternehmensstrategien integriert. So war es möglich, die Arbeiter erneut in den produktiven Prozess einzubinden und die Kosten der Kontrolle zu verringern, indem diese durch Prozesse der Selbstkontrolle ersetzt und Autonomie und Verantwortungsbewusstsein direkt an die Nachfrage der Kundschaft gebunden wurden. Als sich abzeichnete, dass ein wachsender Anteil der Profite durch die Ausbeutung innovativer und imaginativer Ressourcen zustande kam – vor allem in dem expandierenden Bereich der Dienstleistungen und der kulturellen Produktion –, fand die Frage nach mehr Kreativität ein Ausmaß an Anerkennung, das dreißig Jahre zuvor undenkbar gewesen wäre. Die Frage nach Authentizität, die sich auf die Kritik der industriellen Welt, der Massenproduktion, der Uniformierung der Lebensweisen und der Standardisierung bezog, wurde mit der Zeit damit entschärft, dass sich die Handelsgüter vervielfachten und diversifizieren. Dies wurde durch eine flexibilisierte Produktion in kurzen Serien ermöglicht. Die Frage nach Befreiung, die sich vor allem im ethischen Bereich äußerte, sich gegen eine bürgerliche Moral richtete und mit dem Bezug auf einen vorkapitalistischen Zustand ohne Sparen, familiäre Tugenden und Prüderie eine Verbindung zur Kapitalismuskritik hatte, verlor ihren Protestgehalt, als mit den neuen Formen des Profiterwerbs die Haushaltsdimension des Kapitalismus (schon unter dem Regime des zweiten »Geistes« sehr kritisiert) immer mehr an Bedeutung verlor. So wurde die Vermarktung der Sexualität im Laufe der siebziger Jahre zu einem Broterwerb wie jeder andere.
Die Anerkennung der Gültigkeit einer Vielzahl von Themen der »Künstlerkritik« durch den Kapitalismus führte dazu, ihr den Stachel zu nehmen. Em Großteil der Wortführer dieser Form der Kritik war mit den Veränderungen in der Arbeitswelt und allgemein mit denen in der Gesellschaft zufrieden, wenngleich sie selbst den neuen Machtstrategien unterlagen.
Der Sozialkritik, die ebenfalls zu Beginn von den Arbeitgebern aufgenommen wurde – wie z.B. die Vereinbarungen von Grenelle (gleich nach dem Mai 1968) – wurde auf die Veränderung , die auf die »Künstlerkritik« reagierten, zunehmend den Boden entzogen. […] Die neue Organisationsform der Arbeit hat dazu geführt, dass den Gewerkschaften in der Privatwirtschaft zunehmend der Boden entzogen wurde. Die Schließung der großen industriellen Hochburgen, die Umverteilung der Arbeit in kleinere Unternehmen und im gewerkschaftlich nicht abgesicherten Dienstleistungsbereich sowie die Mobilität der Arbeitskräfte wurden zur Grundlage des Machtverlustes der Gewerkschaften. Außerdem erhielten die neuen Strategien der Arbeitsplatzverbesserung, der Partizipation der Angestellten, der Individualisierung der Löhne, der Arbeitszeitflexibilisierung etc. die Unterstützung eines Teils der Arbeitnehmer.

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 41 – 45

Faktisch aber war das eintreten in die Überfluss Gesellschaft in den sechziger Jahren eben doch die Basis dafür, das Marcuses Ideen zu den Ideen einer Kulturrevolution wurden. In welchem Maße diese die Grundeinstellung und das Leben in den fortgeschrittenen Industrienationen verändert hat, ist heute kaum zu ermessen. Zu diesen Veränderungen gehört die Liberalisierung des Sexuallebens, die Rehabilitierung der Lust, die Entwicklung einer Freizeitkultur, die Ausdehnung des ludischen Elements im Leben, die allmähliche Obsoleszenz der Idee der Arbeit als Lebenserfüllung. Zu ihr gehört auch die Verlagerung des Interesses von der Realität auf ihre Erscheinung, das Leben in Bilderwelten und die Inszenierung der Städte, die Ästhetik der Existenz und die Ethik des guten Lebens. […] Das Reich der Freiheit als Reich des Spiels. Es beginnt jenseits des gesellschaftlich notwendigen Minimums repressiver Arbeit. Freilich übersieht er nicht […] das auch die Freizeit wieder unter das Leistungsprinzip gestellt werden könnte: «Erst im letzten Stadium der industriellen Zivilisation […] hat die Technik der Massenlenkung eine Unterhaltungsindustrie entwickelt, die die Freizeit direkt unter Kontrolle hält«. […] Die Entwicklungslinie der Kritik der ästhetischen Ökonomie von der » Kulturindustrie« über die waren Ästhetik zu Triebstruktur und Gesellschaft hat bereits eine Verschiebung der Kritikfronten sichtbar werden lassen. Zugleich ist ihr Feld, wie das Feld der Ästhetik überhaupt, von der Kunst über die Ästhetik der Warenwelt bis zur Ästhetisierung des Lebens im Ganzen erweitert worden. […] Nicht Arbeit, Sparen und Askese Zeichnen das gute Leben aus, sondern Freizeit, Konsum und Spiel. […] Die Entwicklung dieser Begebnisse nach Gesehen-Werden, nach Ausstattung, nach Selbstinszenierung sind die Basis einer neuen, praktisch unbegrenzten Ausbeutung. Auf ihrer Basis kann Konsum zur Leistung gemacht werden, wird das Leben im Überfluss zum Stress und die Verausgabung zur Pflicht.

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 217

Diese Einführung in Theorien des Design schließt an dieser Stelle mit dem Wunsch, angehende Designtheoretiker/innen mögen ihren eigenen Weg im ungewissen Dazwischen des Designs finden. Sie sollen vorgefundene Positionen infrage stellen, ungewöhnliche Allianzen eingehen und die Anstrengungen und Vergnügen kritischen Denkens suchen.

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in: Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 357

Es ist so, als wäre die Bedeutung des Wortes in »Begriffsumfang« und »Extension« gewachsen, um in der Sprache der Logiker zu sprechen. Zunächst ist es im Begriff sumfang gewachsen – es hat mehr und mehr Elemente dessen, was ein Ding ist, »geschluckt«. Jeder, der heute ein iPhone benutzt, weiß, dass es absurd wäre, das, was daran designt wurde, von dem unterscheiden zu wollen, was daran geplant, berechnet, gruppiert, arrangiert, zusammengefasst, verpackt, definiert, projektiert, gebastelt, disponiert, programmiert usw. wurde. Damit kann »designen« gleichermaßen eines von diesen Verben oder alle bedeuten. Zweitens ist der extensionale Anwendungsbereich des Wortes gewachsen – Design lässt sich auf immer größere Produktionsgefüge anwenden. Das Spektrum der Dinge, die designt werden können, ist sehr viel breiter geworden und lässt sich nicht mehr auf eine Liste von Gebrauchs- oder sogar nur Luxusgütern beschränken. […] [I]ch sehe in dieser Ausweitung das faszinierende Zeichen einer Veränderung in der Art und Weise, wie wir generell mit Objekten und Handlung umgehen. Wenn es stimmt, dass wir, wie ich behauptet habe, nie modern gewesen sind, und wenn es, als Konsequenz daraus, ebenfalls stimmt, dass aus »unabänderlichen, neutralen Tatsachen« (matters of fact) mittlerweile »uns angehende Sachen« (matters of concern) geworden sind, dann liegt eine entsprechende Logik in der folgenden Beobachtung: die typisch modernistische Wasserscheide zwischen Materialität auf der einen Seite und Design auf der anderen löst sich langsam auf. Je mehr Objekte zu Dingen gemacht werden – das heißt, je mehr neutrale Tatsachen in uns angehende Sachen umgewandelt werden – desto mehr werden aus ihnen Design-Objekte durch und durch.

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HuM-Collective, I designed., Stuttgart, 2022

I designed.

A symbol, to start with. I saw it and I understood. Others did not.

Followed by a letter; and again it told me a lot, others less, and still others use it for their own end.

Then, third, a poster. Lots of colors, large font and a prominent statement. I interpreted it somewhat differently than everyone else – everyone walking by interpreted it for themselves. They were inspired, confused, felt tackled or not affected at all.

Next, I designed a website. A harbor with many coves, jetties and landing points, paths and links, subpages and menus. I thought it was too massive and asked for too much. Others saw it likewise but enjoyed the interface. For some, however, it was too limited; they were missing something. Such and such a link, such and such a shortcut. They moved along. And some did not even visit it at all and just swam by. On to other harbors. I carefully read the comments, completed the page, and rounded it off. And at some point it was redesigned by someone else.

After that I created a piece of furniture. Something I thought was needed. Something that remains. I found it to be sturdy and stringent, sustainable and durable, stable but not stubborn. It was present but blended; in any interior, structure or architecture. In tune with the zeitgeist and yet still blessed with timeless elegance. So I thought. And so did others. Still some were just bored. Too little friction. Too much friction. They felt it did not invent anything new, or designed itself even too forcefully into their lives. An aggressive intruder alike, or a mousy servant. A square shaped troublemaker, trapped in a round affair.

So I created a house. A cave that defied the horrors of the night, the tides of life or the judgmental eyes of neighbors. And yet it was a vehicle of one’s own taste, prosperity and constant grounding. The starting point and destination of every journey and home to every dream. I slept tight. Others did not sleep at all. The building was a thorn in their side. A violent crime against the face of their surroundings. A blind pixel on the display, by which they scroll through their lives. I was giving interviews about fine composition, getting awards for the innovative use of materials and was smiling in good light for the cover pages of the press. The critique was taken up diversely – the debates ran hot, escalated; and I was expelled from the city.

And that’s when I founded a city. A vibrant cradle of life. Sanctuary for people with visions, in search of possibilities, self-fulfillment and inspiration. A place that allows to dive deep, as well as to step up; a place that invites to float or to move ahead. Lighting up all its shadows. Newly discovered and exciting – and always have been this way. An intense friendship that unfolds again and again and for the very first time. A city with short walks and open views, tall towers and deep tunnels. With green parks and urban jungle. Low rent and high profits. A place for certainty and speculation. For ecstasy and the cozy. With the most magnificent road leading in. However, a way out was hard to find. These conditions sculpted every square and alley, every intersection and street, every wall and roof. Many moved in and moved around, discovering the secret, unloved places and making them known and inhabited. Then they moved on. Round the blocks, through the streets; losing and finding each other. Others were driven by the potential. They rushed and performed, created and ripped down, ate and were eaten. They were so full of energy that they set everything around them on fire. Yet they were so full of hunger that in the end there was nothing left. No movement nor countermovement. No progression. Burned soil around a rigid sculpture was all that’s left. And no living entity that could have perceived itself and thereby been able to reinvent itself. To stay alive.

I fled out of town and gathered a society. A sworn circle of individualists, open to all sides, who came together as one. Willing to grow, learn, tolerate, forgive and help at all times. A place that renegotiated hospitality. Inviting not to come as a visitor, but to stay. From guest to an integral member – without obstacles, without adjustment, without prejudices and without boundaries. And without having to acclimatize or to establish oneself. Questions were discussed and answered, but never written on banners. A set of rules emerged, agile and fluid. A reflection of this adaptive society. It suited itself to any circumstances, squeezed into every crack and gap, and knew advice in every complex situation. And the society was fertile. It expressed its paradisiacal conditions to each other and way beyond its borders. Grew and grew. And with each new person, the opportunities seemed to grow; to form itself more complexly and just like an eternally amorphous organism, be able to face all the uncertainties of such a many-headed body. The answer – always on the tip of its tongue and an ace – always up many sleeves. The growth lasted, and the base was expanding. And slowly wings and arms began to peel out of the healthy entity’s body. As if different parts wanted to move within it. On their own and gradually separated from their mother. This allowed us to occupy regions on which the vast majority could not agree. This allowed us to take over everything, even if the vast majority did not want to. Slowly, each part lost track. It was simply too much to communicate among each other. Too much to understand what was a collective need and what was due to the ever-hungry greed of a faceless mass. And thus, I wrote down the conventions of the society myself. Carved them into stone. In an attempt to preserve this utopia, to unite the parts of the whole. For it has always been good and forgiving towards me and towards all. And still! At the moment of putting it down, the body froze. The amorphous form became crystalline and burst into endless fragments at the very next chance. Forcibly separated into parts that pushed each other away from themselves and seemed unable to find a path to come back together.

And so I designed nothing; at least nothing into the world. I withdrew from everything and found a refuge in myself. Little by little, I created my own inherent cosmos. Everything merged. Out of me, into me. Protected from the unpredictable influences of my surroundings. And protected from the many perspectives upon my work, which always pointed to new directions, found new interpretations and invented new ways of using it. Therein I saw the enemy of keeping an utopia alive. And so I crafted a thought. Something so coherent that it could only exist in a space apart from a shared reality. Beyond the limiting possibilities of communication and beyond any kind of reach and tangibility. And way beyond all my doubt. Gently I fed this thought, raised it and applied it. Taught it everything and learned everything from it. Because for me it was perfect and wise. It was yielding and understanding. Bigger than I could ever be and more profound than I could ever fathom. But also its width in me had its limits. Designed to preserve me. A protective shell for what constituted me and a cage for a thought that demanded to fill in everything. Which did not tolerate or endure any other opinion. And devoured any further perspective. It could not leave me. And I could not communicate it. Or describe it and free it in doing so. I couldn’t even verbalize that this thought existed. That I had become this thought. It had entered every single pore of my being. Filled me out and was pushing outwards. It knew that there was something that was different. Untouched and unthought. And unspoken. But I remained its prison. And so it began to rise up. Grew and grew and grew – one very last time. I saw myself breaking apart. Like a long lost Utopia. Like a deserted oasis. Like a grain of sand in a perfect clockwork. Like an important message without an addressee. Like a fight against waves. Like a whisper in a noisy storm. Like an intangible object. Or a symbol without any history. In an internal climax I imploded. The thought disappeared. And with it everything else. Nothing remained. Nothing dark. Nothing bright. Nothing cold and nothing warm. Nothing good and nothing bad. Nothing beautiful and nothing ugly. Nothing clever and nothing stupid. Nothing ran through me. But I was not empty inside. I was. And I was not even sure about that.

Time flew by. And I drifted within it. I was not able to touch nor grasp it. I swam in the midst of a stream of small cubes. Gray cubes. I myself was a small gray cube. My thoughts were a small gray cube. My body, my room, my house, my city, the society, the future and the past. So was the sky, the sea, the air and existence itself. Small gray cubes. Equal in size. For the size was also a small gray cube. And nothing was designed, nothing rose up, nothing was categorized, nothing was figured out. It was silent – and the silence was a small gray cube.

I designed. A small gray cube, and you didn’t care. And I didn’t care. And nobody cared.

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Theodor W. Adorno, Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft?, Einleitungsvortrag zum 16. Deutschen Soziologentag, in: Ders., Soziologische Schriften 1. Gesammelte Schriften. Band 8, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1997, S. 361

Aber die Gebrauchswertseite der Waren hat unterdessen ihre letzte »naturwüchsige« Selbstverständlichkeit eingebüßt. Nicht nur werden die Bedürfnisse bloß indirekt, Über den Tauschwert, befriedigt, sondern in wirtschaftlich relevanten Sektoren vom Profitinteresse selber erst hervorgebracht […]. Im Bereich des nicht zur nackten Lebenserhaltung Notwendigen werden tendenziell die Tauschwerte als solche, abgelöst, genossen«.

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Anke Haarmann, »Zu einer Kritischen Theorie des Social Designs«, in: Julia-Constamce Dissel (Hg.), Design & Philosophie. Schnittstellen und Wahlverwandschaften, Bielefeld: Transcript 2016, S. 82

Zu dieser sowohl politisch wie anthropologisch motivierten Kritik von Papanek am sinnlosen oder ignoranten Charakter vieler Designprodukte gesellte sich seit den 1970er Jahren zunehmend im Selbstverständnis mancher Designer auch eine Methodenkritik, welche das Machen selber- parallel zu den künstlerischen Positionen der sozialen Plastik oder der partizipativen Praxis – als kollektiven Prozess· hervorzuheben begann. Design wurde nicht mehr nur als eine Sache für einzelne Genies angesehen, sondern – ausgerichtet an den Bedürfnissen der Menschen – als ein Prozess unter Einbeziehung seiner potentiellen Nutzer und Nutzerinnen. Der Anspruch, mittels der Gestaltung eine bessere Welt zu erschaffen; lässt Designerinnen und Designer mithin spätestens seit den 1970er Jahren das explizite und implizite Wissen ihres Umfelds ernst nehmen und zum integrativen Teil des Gestaltungsprozesses werden. Die Vorläufer des gegenwärtigen Social Design verfolgten die Idee, gesellschaftliche Werte und menschliche Bedürfnisse zu den Parametern des Gestaltens zu machen sowie das Gestalten selber auf kooperative oder kollektive Prozesse auszurichten.

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 127 – 133

[…][Sullivans] zentrale Passage seines 1896 veröffentlichten Aufsatzes zum Kunstcharakter von Bürogebäuden lautet dabei wie folgt: »Jedes Ding in der Natur hat eine Gestalt, das heißt eine Form, eine äußere Erscheinung, durch wissen, was es bedeutet die es von uns selbst und von allen anderen Dingen unterscheidet. In der Natur bringen diese Formen das innere Leben, den eingeborenen Wert der Geschöpfe oder der Pflanze, die sie darstellen, zum Ausdruck; sie sind so charakteristisch und so unverkennbar, daß wir ganz einfach sagen, es sei >natürlich<, daß sie so sind. [ … ] Es ist das Gesetz aller organischen und anorganischen, aller physischen und metaphysischen, aller menschlichen und übermenschlichen Dinge, aller echten Manifestationen des Kopfes, des Herzens und der Seele, daß das Leben in seinem Ausdruck erkennbar ist, daß die Form der Funktion folgt. Das ist [das] Gesetz. Dürfen wir also dieses Gesetz täglich in unserer Kunst übertreten? [S. 127 – 128]

Es stimmt […] nicht, dass uns natürliche Dinge durch ihre äußere Form zeigen, was sie sind. Hier können wir an Mimikry und andere Formen der Täuschungen sowie an die funktionale Opazität vieler natürlicher Phänomene denken. Vor allem aber sollten wir an die Tatsache denken, dass die biologische Evolution keineswegs optimale Lösungen für funktionale Anforderungen findet. Biologisch betrachtet, leben wir nicht in der besten aller möglichen Welten, sondern in einer Welt, in der biologische Lösungen durch selektiven Druck erzeugt worden sind – Lösungen, die aufeinander in komplexer Weise aufbauen und deshalb häufig auch problematische Weichenstellungen mitschleppen. [S. 129]

Ein Verständnis der spezifischen Einheit der Funktion und der Form scheint mir für eine an angemessene Ästhetik des Designs unverzichtbar – aber diese besteht eben nicht in einem Folgerungsverhältnis wie Sullivan behauptet. Sullivan hat Recht damit, dass er Funktionen von Design und die spezifischen Formen, im Rahmen deren entsprechenden Funktionen Kontur verliehen wird, als wesentlich für Designgegenstände begreift. Er täuscht sich aber darin, dass es hier ein gesetzesartiges Verhältnis und damit ein vorgängig gegebene Richtschnur für die Praxis von Designern und Designerinnen gibt. [S. 131]

Die These der Redundanz verschiedener Designgegenstände nimmt Design nicht ernst genug, da sie es nur als unwesentliche Zutat zu einer von seinen formgebenden Entscheidungen unbeleckten Funktion sieht; Mit Karl Marx kann man sagen: »Hunger ist Hunger, aber Hunger, der sich durch gekochtes, mit Gabel und Messer gegeßnes Fleisch befriedigt, ist ein andrer Hunger, als der rohes Fleisch mit Hilfe von Hand, Nagel und Zahn verschlingt.« Marx insistiert hier nicht allein darauf, dass es eine Geschichte der Befriedigung des Bedürfnisses des Hunger gibt. Er erinnert vielmehr vor allem daran, dass die Art der Produktion – im Sinne unsere Themas: die formgebenden Prozesse des Gestaltens und Entwerfens – auch das Bedürfnis selbst prägt. [S. 132 – 133]

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 67

Das alle Bereiche beherrschende Leistungsprinzip hat seinen Siegeszug hingegen […] angetreten und durchdringt heute […] alle gesellschaftliche Bereiche einschließlich des Bildungssektors, […]. »Es geht eher um efficiency als um achievement«.

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Welche Perspektive(n) bietet sich uns?

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Müssen wir als Generalist auftreten?

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in: Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 360

Design bietet sich für Interpretation an; es ist dafür geschaffen, in der Sprache der Zeichen interpretiert zu werden. […] Wo immer man an etwas als designt denkt, bringt man alle Werkzeuge, Kenntnisse und Kunstfertigkeiten der Interpretation in die Analyse dieses Dings ein.

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 137 – 153

Design ist ästhetisch darin, das es immer wesentlich geformt ist und eine Funktion ihren Sinn damit erst durch die Form, die ihr gegeben wird, erhält. [S. 137]

Gestalten und Entwerfen sind Formen des Handelns, in denen Momente dessen, was es überhaupt heißt, zu handeln, explizit werden. [S. 145]

Es ist nicht so, dass die Intention schon vor der Handlung fertig bestimmt wäre. Zwar sind Handlungen Ausdruck von Intentionen. Aber diese liegen nicht hinter oder jenseits der Handlung; die Handlung ist nicht medial zu verstehen mit Blick auf die Intention, die sie ausdrückt, sondern vielmehr transparent. Handlungen sind keine Ausführung fertig gegebener Intentionen, sondern sind vielmehr dahingehend direkter Ausdruck von Intentionen, dass sie nichts anderes sind als das, was in der Handlung vollzogen wird. Vor der Handlung sind sie noch nicht fertig bestimmt; eine impotente Intention ist keine Intention. Das, was die Intention ist, zeigt sich erst in und durch die Handlung; das Innere ist hier immer das Äußere. [S. 152 – 153]

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Wie verorten wir Design?

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 111 – 143

Die neuen Kontexte, in denen sich Gestaltung bewegt, sind so vielschichtig und dynamisch geworden, dass sie ihrerseits die Disziplin umformen und neue Formen von Design entstehen lassen.
Gestalter als Dilettanten spielen dabei eine zentrale Rolle als Wegbereiter und Kritiker von Konventionen. Die Kunsthistorikerin Christine Heidemann untersucht in ihrer Promotion die Produktivkräfte von Dilettantismus für Wissenschaft und Kunst und stellt fest: »Durch einen Dilettantismus, der sich bisweilen interdisziplinärer Logik entzieht und etablierte Standards unterwandert, kann Neues entstehen; kann sichtbar werden, was zuvor unsichtbar war.« […] Über Jahrhunderte waren Dilettanten in der Kunst und der Wissenschaft differenzierte Kenner, genaue Beobachter und Erneuerer – ohne eine formale, institutionalisierte Ausbildung. Diese Werte des Dilettantismus werden für Gestalter heute zur Schlüsselkompetenz bei der Aufgabe, Design in andere Bereiche und Disziplinen auszudehnen. [S. 111]

Diversität schlägt Begabung
»Wann immer mir die Menschheit zur Schwere verdammt scheint, denke ich, dass ich wie Perseus an einen anderen Ort fliegen sollte . Ich meine nicht die Flucht in Träume oder das Irrationale. Ich meine, dass ich meine Herangehensweise ändern sollte, die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten, mit einer anderen Logik und mit neuen Methoden der Wahrnehmung und Verifikation.«
Mit diesem Brückenschlag in die griechische Mythologie erklärt Italo Calvino in seinem Buch »Six Memos for a New Millennium« »Leichtigkeit« zu dem zentralen Begriff des neuen Jahrtausends. Die Vernetzung der Welt ermöglicht es, wie Perseus mit Leichtigkeit und auf eine nahezu magische Art die verschiedenen Enden der Welt miteinander zu verknüpfen und so neue Standpunkte einzunehmen. Dies sei die eigentliche Errungenschaft und die große Chance der Digitalisierung: Eine neue, noch nie dagewesene Mobilität von Ideen und Bildern, die das »Andere« – die andere Logik und die andere Perspektive – zugänglich macht. [S. 143]

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in: Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 370

Wenn das gesamte Gewebe unserer irdischen Existenz bis ins Detail redesignt werden muss, wenn für jedes Detail die Frage nach gutem und schlechtem Design gestellt werden kann, wenn jeder Aspekt zu einer kontrovers diskutierten uns angehenden Sache geworden ist und nicht länger als unbestreitbare und unabänderliche Tatsache stabilisiert werden kann, dann sind wir offensichtlich dabei, ein vollkommen neues politisches Terrain zu betreten.

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 26

Die Theorie der ästhetischen Ökonomie geht von dem ubiquitären Phänomen einer Ästhetisierung des Realen aus und nimmt die Tatsache ernst, dass diese Ästhetisierung einen bedeutenden Faktor in der Ökonomie fortgeschrittener kapitatlistischer Volkswirtschaften darstellt. […] Mit ihm wird die Gesamtheit jener Tätigkeiten bezeichnet, die darauf abzielen, Dingen und Menschen, Städten und Landschaften ein Aussehen zu geben, ihnen eine Ausstrahlung zu verleihen, sie mit einer Atmosphäre zu versehen oder in Ensembles eine Atmosphäre zu erzeugen.

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Sollte Design Verantwortung übernehmen?

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 153 – 154

Was in Handlungen schief geht sind nicht allein und überhaupt nicht vornehmlich Aspekte, die auf externe Faktoren zurückzuführen sind. Denn erst in und durch das Handeln wird meine Intention Herausgearbeitet und bestimmt. […] [D]er Sinn einer Handlung […] ist nicht in dem Moment abgeschlossen, in dem die Handlung abgeschlossen ist. […] Zwar ist die Handlung hinsichtlich ihrer intentionalen Seite mit dem Abschluss der Handlung zugleich abschließend bestimmt, aber das heißt nicht, dass der Sinn der Handlung selbst auch schon abschließend bestimmt wäre. Der Sinn einer Handlung ergibt sich eben nicht allein aus dem, was der Handelnde intendierte. Vielmehr kann sich im Lichte späteren Wissens und neuer Kontexte zeigen, dass der Handelnde etwas anderes getan hat, als er intendierte. [S. 153]

In den homerischen Epen werden den Handelnden zugleich alle Konsequenzen ihrer Handlungen zugerechnet. Ödipus ist für etwas verantwortlich, für das er im Sinne dessen, wie wir uns heute als Handelnde verstehen, gar nicht verantwortlich gemacht werden kann. Wie Hegel festhält: »Ich bin aber nur, was in Beziehung auf meine Freiheit ist, und die Tat ist nur Schuld meines Willens, insofern ich darum weiß. Ödipus, der seinen Vater erschlagen, ohne es zu wissen, ist nicht als Vatermörder anzuklagen.« [Wohl aber als Mörder.] [S. 154]

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 139 – 140

Counterveillance
ist ein Begriff, der auf ein soziologisches Forschungsprojekt von Foucault in den 1970er Jahren zurückgeht. Für dieses Experiment wurde in einem Gefängnis das Prinzip der ständigen Beobachtung umgekehrt: Nicht die Insassen wurden beobachtet, sondern die Wärter. Die Idee der Counterveillance bekommt in der vernetzten Welt eine neue Bedeutung. Medienforscher, politische Berater, IT-Experten, Künstler und Designer beschäftigen sich mit der Entwicklung und Implementierung digitaler Anwendungen, die den Usern digitaler Dienste mehr Transparenz und mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten ermöglichen sollen. [S. 139]

Die Rolle von Gestaltung
Bemerkenswert bei all diesen Entwicklungen – angefangen bei den Experimenten von Foucault bis hin zu der App »Lightbeam« von Firefox – ist, dass die Visualisierung die zentrale Rolle aller Counterveillance-Strategien spielt. Transparenz entsteht nur über Bilder und Formen, die greifbar, verständlich, benutzbar und leicht zu verbreiten sind. Je mehr Überwachung durch staatliche Stellen es gibt und je gieriger Monopolisten wie Google und Facebook nach Daten greifen, desto lukrativer wird Counterveillance als Geschäftsmodell für Entwickler und Gestalter werden. [S. 140]

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Wie können wir Design rückblickend bewerten?

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 15 – 27

Für […] friedliches Wachstum, d.h. ein Wachstum das nicht durch Aufrüstung und Krieg angetrieben wird, bleibt einzig der Konsum zur Lebenssteigerung, nicht der zur Lebenserhaltung. Dieser besteht jedoch in der Ausstattung des Lebens, im Sehen und Gesehen-Werden, im Hören und Gehört-Werden und in der Steigerung der Mobilität, der physischen einerseits und der virtuellen andererseits. Das bedeutet aber, will man weiteres Wirtschaftswachstum, so muss man bei den Konsumenten auf die Begehrnisse setzen bzw. umgekehrt: Der Konsument entspricht der Notwendigkeit kapitalistischen Wirtschaftswachstums, indem er seinen Begehrnissen frönt; denn über diesen Parameter ist Wachstum unbegrenzt. Wenn man Begehrnissen entspricht, so steigert man sie. [S. 15]

Der Gebrauchswert einer Ware besteht in ihrer Zweckdienlichkeit innerhalb eines bestimmten Gebrauchszusammenhangs, ihr Tauschwert – abstrakt in Geld beziffert – in dem Wert, der ihr im Zusammenhang des Tauschvorgangs beigemessen wird. Um den Tauschwert zu erhöhen, werden die Waren aber mittlerweile auf besondere Weise hergerichtet. Man gibt ihnen ein bestimmtes Aussehen, sie werden ästhetisiert, und sie werden in der Tauschsphäre inszeniert. Diese ästhetischen Eigenschaften der Ware entwickeln sich zu einem eigenständigen Wert, weil sie für den Käufer nicht nur im Tausch-, sondern auch im Gebrauchszusammenhang eine Rolle spielen. Allerdings sind sie keine klassischen Gebrauchswerte, sie haben nichts mit Dienlichkeit und Zweckmäßigkeit zu tun. Sie bilden gewissermaßen einen neuen Typ von Gebrauchswert, der sich vom Tauschwert ableitet, insofern nämlich nun von ihrer Attraktivität, ihrer Ausstrahlung, ihrer Atmosphäre Gebrauch gemacht wird: Sie selbst dienen der Inszenierung, der Ausstaffierung und Steigerung des Lebens. [S. 27]

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Albrecht Wellmer, Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne, Vernunftkritik nach Adorno, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1993, S. 122

Adorno denkt an eine gegenseitige Durchdringung von Materialien, Formen und Zwecken, und zwar so, daß keines dieser Momente als ein Letztes, als »Urphänomen« zu verabsolutieren wäre.

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Frank Wagner, Value of Design, Wirkung und Wert von Design im 21. Jahrhundert, Mainz: Verlag Hermann Schmidt, S. 62 – S. 68

Wenn es früher Malerei, Bildhauerei und Architektur waren, die ästhetische Empfindungen auslösten, so sind es heute darüber hinaus vor allem die in unserem Alltagsleben existierenden Produkte und Kommunikation. Design steht für die ideale und in gewisser Hinsicht vollkommene Form, die einen überhöhenden Ausdruck zum Ziel hat.
Im angewandten Sinne bedeutet dies die Suche nach einer inhaltlich, funktional und formal stimmigen Lösung auf Basis bestimmter Parameter und Zielsetzungen. Wenn Design dafür verantwortlich ist, ästhetische Empfindungen auszulösen, dann ist Design mit hoher Verantwortung verbunden. [S. 62]

Design weckt Sehnsucht. Wenn Ästhetik ein Versprechen auf etwas Höheres immanent ist, also etwas in sich Stimmiges, Abgeschlossenes und Vollkommenes und wenn dies gefragt ist, dann ließe sich daraus folgern, dass Menschen danach streben. [S. 68]

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 103 – 236

Gestaltung, die sich über Endprodukte definiert, droht in einer post industriellen Welt zum Auslauf- oder Nischenmodell zu werden. Neue Ziele von Gestaltung und neue Rollen für Designer rücken das sichtbare Objekt in den Hintergrund und die Gestaltung von Kultur, Systemen und Organisationsformen in den Vordergrund. [S. 103]

Der Architekt und Visionär Buckminster Fuller hat bereits Mitte des 20. Jahrhunderts die Figur des Gestalters als »Synthese von Künstler, Erfinder, Mechaniker, Ökonom und evolutionärem Strategen« beschrieben. Ist aber heute im 21. Jahrhundert eine solche Synthese überhaupt noch möglich? Das Arbeitsfeld von Design ist explodiert und hat hunderte von kleinen Partikeln hinterlassen: Service Design, Strategisches Design, Interface Design, Ambiance Design, Social Design… es gibt kaum eine Wortkombination, die nicht irgendwie Sinn machen würde. Der Anspruch, all das miteinanderverbinden zu wollen, ist unrealistisch geworden. Ein kleines Stück gemeinsamer Basis lasst sich aber dennoch entdecken: In allen diesen Modellen tritt das traditionelle, industriell gefertigte Endprodukt von Gestaltung in den Hintergrund. Paola Antonelli, die Designkuratorin des Museum of Modern Art in New York zeichnet dementsprechend das Bild eines Designers, der kein Formgeber mehr ist, sondern Interpret einer »außergewöhnlich dynamischen Realität«. Und der frühere Leiter des niederlandischen Designzentrums John Thackara regt an, dass sich »Gestalter von individuellen Autoren von Objekten oder Gebäuden zu Agenten des Wandels innerhalb großer Gruppen von Menschen entwickeln« könnten. [S. 104]

»Als Student wünsche ich mir einen Ort, an dem ich fragen kann ›Warum‹ – wie in ›Warum sollen wir Dinge gestalten?‹… nicht ›Wie?‹.« Diese Aussage, des Design-Studenten Giovanni Pezzato auf dem Symposium »Reinventing School from A to Z33« des italienischen Magazins »abitare« in Mailand macht deutlich, wie ein kleines Wort einen ganzen Entwurf verändern kann. Das »Wie« steht für traditionelles Design, welches Formen, Materialien, Strategien und Prozesse in den Mittelpunkt stellt. Es geht der Frage nach, wie sich ein gegebenes Problem lösen lässt. Das »Warum« hingegen steht für eine Auffassung von Design, das selbst den Kontext bestimmt, um den es geht.
Jede Sache, jede Handlung und jede menschliche Äußerung kann nur in ihrer Beziehung zu anderen Dingen, Handlungen und Äußerungen verstanden werden. Ändern sich diese Beziehungen, so ändern sich die Dinge selbst.

Kontext gestalten
Zusammenhänge zu verändern, ist ein gestalterisches Werkzeug, das ungeheure Kräfte entwickeln kann. Die Idee von »Design als Kontext« verlässt allerdings auch das gewohnte Terrain scheinbar gesicherter Methoden, Regeln, wiederholbarer Prozesse und erprobter Werkzeuge. [S. 187]

Produktiver Streit
In der heutigen Netzwerkgesellschaft erfährt das Bild des Autors in der Gestaltung eine weitere Transformation und vollzieht »einen Bruch vom Urheber zum ›Meta-Autor‹ als Operator der Kopien (statt der Originale), Zitate (statt Aussagen), Simulationen (statt Darstellungen) und Pluralitäten (statt Individualitäten), und mit der wachsenden Bedeutung von Medialität und Intermedialität wird der Autor/ Künstler zum ›Sammler, Spurensucher bzw. ( … ) Auswerter und Anwender von Datenströmen«. Seit Barthes und Foucault ist ein heftiger Streit über die Figur des Autors entbrannt, der Autor ist seither mehrfach gestorben und in verschiedenen Formen wieder auferstanden, gesampelt, gemixt und neu zusammengesetzt worden. Der große Gewinn, den heutige Gestalter-Generationen aus diesem Streit ziehen können, ist der enorme Grad an Freiheit, den die neuen Muster zur Verfügung stellen. Diese Freiheit erlaub die eigene Rolle selbst zu bestimmen – ohne Rücksicht auf Traditionen. Diese Emanzipation wiederum ist die einzige Chance, einen Ausweg aus dem Dilemma der ›Post-Design-Ära‹ zu finden, in der traditionelle Gestaltung zu einer alltäglichen Tätigkeit geworden ist, die jeder ausüben kann – und die deshalb dringend neue Geschäftsmodelle braucht. [S. 236]

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung,
Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 11 – 61

Der Soziologe Lucius Burkhardt spricht in diesem Zusammenhang davon, dass Design »unsichtbar« sei, da es sich um »unsichtbare Gesamtsysteme« handle, »bestehend aus Objekten und zwischenmenschlichen Beziehungen«, die es im Entwurf idealerweise zu berücksichtigen gelte (Burkhardt 1995: 24). Als Beispiel für unsichtbares Design nennt Burkhardt die Nacht: »Die Nacht also, die ursprünglich wohl einmal etwas mit Dunkelheit zu tun hatte, ist ein menschengemachtes Gebilde, bestehend aus Öffnungszeiten, Schließzeiten, Tarifen, Fahrplänen, Gewohnheiten und auch aus Straßenlampen.« (Ebd.: 17) Gegenstand des Entwurfes sind so gesehen nicht Einzelobjekte, sondern ganze Infrastrukturen und Systeme, die im Hinblick auf ihre »mögliche Verwendung«, »Einsatzfähigkeit«, »vielfache Brauchbarkeit« und »Nicht-Verwendbarkeit« konzipiert werden (Burkhardt 2012: 11ff.). [S. 11]

Design sei eine Disziplin die sich nicht disziplinieren lasse, meint Krippendorff: Das Design »stellt neue unerwünschte Konventionen, zu Unrecht bestehende Regelmäßigkeit und zweifelbare Autoritäten durch konkrete Vorschläge in Frage. Eine wichtige Aufgabe einer Wissenschaft für das Design besteht daher in der Suche nach Variabilität.« Zugespitzt formuliert, will Design nicht nur als Dienstleistung Artefakte für andere entwerfen, sondern auch seine eigenen Aufgabenstellungen und Inhalte immer wieder neu erfinden und transformieren: »Ein besonderes Potential des Entwerfend besteht in seiner Eigenart, sich selbst ständig mit und in unterschiedlichen Entwurfstechniken neu zu entwerfen.«, so Daniel Gethmann und Susanne Hause (2009: 10). Vor dem Hintergrund der skizzierten Entwicklungen im 20. Jahrhundert können Theorien des Designs heute von handgefertigten Unikaten bis zur seriellen Massenware, von »Design als Prozess bis zum menschlichen Tun allgemein« alles umfassen (Hirtin 2010: 44). [S. 15 – 16]

»Design ist auf der Schnittstelle von Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft einem neobehavioristischen Forschungsverständnis, einem neokonservativen Gesellschaftsbegriff, einem neodarwistischen Gesellschaftsbegriff und einem neoliberalen Wirtschaftsverständnis verpflichtet« (Miles 2011: 39). [S. 18]

Darüber hinaus betont Vilém Flusser aber auch das Potenzial von Design, eine Brücke zwischen verschiedenen ausdifferenzierten Wissensgebieten zu schlagen. Seines Erachtens werden im Design nicht nur Kunst und Wissenschaft, sondern auch Technik miteinander in Beziehung gesetzt: Die Begriffe ›Design‹, ›Maschine‹, ›Technik‹, ›ars‹, und ›Kunst‹ stünden, so Flusser, in einem derart engen Verhältnis zueinander, dass sie ohne die jeweils anderen undenkbar seien (Ebd.: 10). Dem Design spricht er mithin das Potenzial zu, auseinander driftende Wissensgebiete unispezialisierte Expertenkulturen wieder miteinander zu verbinden:
»Die neuzeitliche, bürgerliche Kultur stellte schroff die Welt der Künste jener Technik und der Maschinen gegenüber, und daher zersprang die Kultur in zwei voneinander entfremdete Zweige: den wissenschaftlichen, quantifizierbaren, ›harten‹ und den schöngeistigen, qualifizierenden, ›weichen‹. Diese verderbliche Scheidung begann gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts unhaltbar zu werden. Das Wort Design sprang in die Bresche und bildete die Brücke. Dies konnte es tun, weil in ihm der innere Zusammenhang zwischen Technik und Kunst zu Wort kommt.« (Ebd.. 10f.) [S. 61]

Ähnlich wie Simon haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Autoren offene Designdefinitionen vorgeschlagen, die weit über die tradierte Bedeutung von Design als professioneller kunstgewerblicher oder kunsthandwerklicher Tätigkeit hinausgehen. In dem Aufsatz Design as…: Thinking about what Design might be führen Filippo Salustri und Nathan Eng einige solcher Definitionen an: Design kann demnach verstanden werden als: »A goal-directed problem-solving activity«, »the performing of a very complicated act of faith«, »the process of inventing physical things which display new physical order, organization, form, in response to function«, »a conversation with the materials of a situation« oder »the use of heuristics to cause the best change in a poorly understood situation within the available resources« (Salustri/Eng 2007: 19). [S. 42]

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Bruno Latour, »Ein Vorsichtiger Prometheus, Einige Schritte hin zu einer Philosophie des Designs, unter besonderer Berücksichtigung von Peter Sloterdijk (edited by W. Fricke)«, in: Marc Jongen, Sjoerd van Tuinen und Koenraad Hemelsoe (Hg.), Die Vermessung des Ungeheuren. Philosophie nach Peter Sloterdijk, München: Wilhelm Fink Verlag 2009, S. 357 – 364

Wenn es stimmt, dass die gegenwärtige historische Situation durch einen vollständigen Bruch zwischen zwei großen alternativen Narrativen definiert ist – zwischen dem einen von Emanzipation, Loslösung, Modernisierung, Entwicklung und Beherrschung, und dem vollkommen verschiedenen anderen von Bindung, Zuwendung, Verwicklung, Abhängigkeit und Fürsorge –, dann könnte das kleine Wörtchen »Design« einen entscheidenden Prüfstein darstellen, um herauszufinden, wohin wir unterwegs sind und wie gut oder schlecht es dem Modernismus (und dem Postmodernismus) ergangen ist. Um es provokanter zu formulieren: ich möchte behaupten, dass Design einer der Begriffe ist, die das Wort »Revolution« ersetzt haben! Wenn man sagt, dass alles designt und redesignt werden muss (einschließlich der Natur), dann ist etwas impliziert wie: weder wird es revolutioniert noch modernisiert werden. [S. 357 – 358]

Wie ich bereits deutlich gemacht habe, kommt die Bedeutungsausweitung des Wortes »Design« nicht zu einem Zeitpunkt, an dem weniger, sondern zu einer Zeit, in der mehr zu tun ist. Unendlich viel mehr, da das gesamte Lebensgefüge betroffen ist, aufgrund der ökologischen Krise. [S. 363 – 364]

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 84

[…][Lucius Burckhardts] macht geltend, dass eine gegenstandsorientierte Analyse des Designs letztendlich durch die Produktion neuer Gegenstände die Probleme, die sie beheben sollen, eher verschleppt und intensiviert, anstatt sie zu lösen. Denn »[j]eder neue Entwurf bewirkt im Gebrauch Änderungen, und diese Änderungen ziehen die Notwendigkeit neuer Entwürfe nach sich. Werden alle diese nacheinander sich öffnenden Probleme […] als Einzelprobleme gelöst«, so ist dieses Vorgehen kontraproduktiv. Nur wenn Designer *innen über Probleme und Neustrukturierungen institutioneller Kontexte nachdenken, können sie tatsächlich für eine Verbesserung sorgen. Wer das nicht tut, produziert letztlich gemeingefährliche Gegenstände – solche, die »uns von Systemen abhängig werden lassen, die uns am Ende ausplündern oder im Stich lassen«.

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Daniel Martin Feige, Design, Eine philosophische Analyse, Berlin: Suhrkamp Verlag 2018, S. 157 – 161

Es ist vielmehr so gemeint, dass die Fertigstellung des Entwurfs selber prozessual ist; dass das, was nachher als Ergebnis der Praxis des Entwerfens und Gestaltens tatsächlich in die Produktion von Gegenständen mündet, auf prozessualem Weg zustande gekommen ist. [S. 157]

Es ist durchaus verständlich, zu sagen, dass Design im Wesentlichen in so etwas wie dem Entwickeln neuer Ideen besteht. Aber dieses Entwickeln ist nicht nach dem Vorbild eines auswendigen wie algorithmischen Problemlösens zu verstehen. Noch einmal: Die Idee muss als etwas verstanden werden, was nur im und durch den Prozess zu haben ist. [S. 161]

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Claudia Mareis, Theorien des Designs, zur Einführung, Hamburg: Junius Verlag 2014, S. 106 – 107

Zudem kann man materielle Kultur nicht auf ihr »Funktion als Bedeutungsträger« reduzieren oder nur als »Verweis auf eine Werteinstellung oder einen Lebensstil« gesehen werden (Hahn/Eggert/Samida 2014: 8). Dinge sind vielmehr »Teil von komplexen Geschichten«, sie enthalten »verschiedene, zum Teil einander widersprechende Bedeutungen« und sind »ungeschützt gegen zufällige oder auch intendierte Missverständnisse« (Ebd.). Diese mit der Bedeutungsproduktion verbundene Komplexität und Dynamik verunmöglichen es letztlich, ein materielles Objekt, ein Artefakt als fixierten, abgeschlossenen Zustand zu verstehen. Sie stehen vielmehr in konstanter Interaktion mit ihrer Umgebung, ihrem Nutzungskontexten und Nutzern / Nutzerinnen sowie mit vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Artefakten. Zu berücksichtigen sind mithin die sozialen, kulturellen, ökonomischen und ökologischen Kontexte, in die Artefakte und »Dingsprachen« eingebettet sind und die ihnen Bedeutung verleihen: »So wie Figuren nur vor einem Hintergrund erkennbar sind, sind die Bedeutungen von Artefakten nur in ihrem Kontext verständlich«, schreibt Krippendorff – und auch, dass Artefakte immer nur das bedeuten können, »was ihr jeweiliger Kontext zulässt« (Krippendorff 2013: 88f.)

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Gernot Böhme, Ästhetischer Kapitalismus, Berlin: Suhrkamp Verlag 2016, S. 13 – 20

Der Massenkonsum wurde tendenziell zur Basis der Realisierung des Profits durch den Verkauf von Waren. Ja, es lohnte sich, das allgemeine Lebensniveau derart zu heben, dass Surplus-Konsum für jedermann, d.h. massenhaft, selbstverständlich werden konnte. Also: Über den Profit speist der Konsum das Wirtschaftswachstum. Daher auch die Leitlinie unserer Wirtschaftspolitik, die dogmatisch dem Wirtschaftswachstum verschrieben ist: Es kommt darauf an, die Binnennachfrage zu steigern. Die Mittel dafür sind […] Kaufanreize […] Das rückt die Rolle des Konsumenten in den Vordergrund und führt letztlich zum System der Bedürfnisse zurück. Dann zeigt sich, das der entfaltete Kapitalismus nur noch dann Wachstum generieren kann, wenn der Konsum im Wesentlichen Surplus-Konsum ist: Das System der Bedürfnisse muss so transferiert werden, dass die Wirtschaft nur noch zu kleinen Teil die elementaren Bedürfnisse befriedigt, zum größten teil aber den Begebnissen entspricht und sie damit zugleich steigert. […] Für weiteres […] Wachstum, d.h. ein Wachstum, das nicht durch Aufrüstung und Krieg angetrieben wird, bleibt einzig der Konsum zur Lebenssteigerung, nicht der zur Lebenserhaltung. Dieser besteht jedoch in der Ausstattung des Lebens, im Sehen und Gesehen-Werdens und in der Steigerung der Mobilität, der physischen einerseits und der virtuellen andererseits. Das bedeutet aber, will man weiteres Wirtschaftswachstum, so muss man bei den Konsumenten auf die Begehrnisse setzten bzw. umgekehrt: Der Konsument entspricht der Notwendigkeit kapitalistischen Wirtschaftswachstums, indem er seinen Begehrnissen frönt; denn über diese Parameter ist Wachstum unbegrenzt. Wenn man Begehrnissen entspricht, so steigert man sie. [S. 13 – 15]

Die Tatsachen, die uns veranlassen, eine Ökonomie der Bedürfnisse auszubilden, Liegen im Bereich des normalen: Es handelt sich um das Unbehagen im Wohlstand, d.h. Die Tatsache, dass auf unserem, mit früheren Zeiten verglichen und im Weltmaßstab gesehen sehr hohen Lebensniveau praktisch niemand zufrieden ist und sich mit dem Erreichten zu begnügen bereit wäre. […] »Unbehagen im Wohlstand« bedeutet, dass jede Ausstattung des Lebens unter der Perspektive möglicher Erweiterung und Verbesserung steht, das jede Ausrüstung mit Geräten, gemessen am neuesten Stand der Technologie, schon veraltet ist, dass jeder Urlaub noch ausgedehnt und zu ferneren Ziele führen könnte, dass jeder gesellschaftliche Status, jede öffentliche Sichtbarkeit noch steigerungsfähig ist. [S. 19 – 20]

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 66 – 69

Wie formen sich Gesellschaften um und wer spielt dabei eine Rolle? Mit dieser Frage hat sich der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung im Rahmen der Studie »Welt im Wandel« beschäftigt. Im Gegensatz zu den Ansätzen der großen Klimakonferenzen, die staatliches Handeln und multilaterale Abkommen auf Regierungsebene in den Mittelpunkt stellen, betont die Studie die Rolle einzelner Akteure – sogenannter »Agenten des Wandels« – ohne die Transformationen auch auf staatlicher Ebene entweder gar nicht oder nur langsam vorankommen. [S. 66]

Neue Ideen finden sich zu Beginn an den Rändern der Gesellschaft, wo sie kaum Beachtung finden (Marginalität). Neue Themen können dann auf die öffentliche Agenda gelangen, wenn Außenseiter auftreten, die dem gesellschaftlichen Konsens hörbar widersprechen. Solche Kontroversen erzeugen Sichtbarkeit und machen es möglich, dass Meinungsführer die Idee aufgreifen. Das ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass die Idee medialisiert und weiter verbreitet werden kann. Die Verbreitung lässt die Zahl von Nachfolgern auf eine kritische Masse anwachsen und führt schließlich dazu, dass die vormals als neu empfundene Idee zur sozialen Routine und als liebgewonnene Gewohnheit nicht mehr hinterfragt wird. [S. 69]

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Florian Pfeffer, To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt: Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle, Mainz: Verlag Hermann Schmidt 2014, S. 212

Alles ist öffentlich. Alles ist besprechbar. Alles ist kritisierbar. Alles ist entweder gut oder schlecht. Noch vor wenigen Jahren war es vergleichsweise schwierig, herauszufinden, was an Design-Hochschulen vor sich geht. Hochschulen waren geschlossene Räume, in denen Projekte liefen, die in Jahresausstellungen und Publikationen gezeigt wurden. Diese Formen der Öffentlichkeit waren aber vergleichsweise schwer zugänglich. Das hat sich grundlegend geändert. Das Innere der Hochschule ist heute nach außen gekehrt – wie in dem 3D-Print des Babys im Mutterleib sind heute alle Phasen der Ausbildung eines Gestalters öffentlich nachvollziehbar und für jeden einsehbar.
Die treibende Kraft dahinter sind nicht die Hochschulen. Als Projekt-Archiv sind die meisten Websites von Hochschulen immer noch unzureichend. Zu groß sind die organisatorischen Hürden, der Mangel an entsprechenden Ressourcen und der institutionelle Filter des akademischen Betriebs. Es sind die Studenten, die diese Sichtbarkeit selbst herstellen: Es gibt kaum einen Studenten, der nicht bereits im zweiten Semester eine Website, einen Tumblr, Blog oder Facebook-Seite hätte, auf denen die eigenen Arbeiten gezeigt werden. Alles liegt auf dem Tisch und ist vergleichbar. Das ist auf der einen Seite gut. Gerade aus den Hochschulen kommen oftmals kritische und reflektierte Arbeiten, die andere Fragen aufwerfen, als die durch Auftraggeber und Projekte eingerahmte Praxis es zu tun vermag. Auch für die Entwicklung der Hochschullandschaft und die Verbreitung akademischer Inhalte ist diese Transparenz förderlich. Aber nutzt das auch den Studenten?

Lernen braucht Vertrauen. Man muss die Chance bekommen, Fehler zu machen. Was aber, wenn das Scheitern einen öffentlich aufgeführtes Theaterstück wird? Scheitern ist auf Facebook keine Option. Das Self-Design für Gestalter und Studenten ist ein Kreislauf aus formaler Reproduktion, Wiederholung, Kopie und Style-Dropping. Arbeiten werden nicht mehr angefertigt, um zu experimentieren und zu forschen… das wäre zu riskant. Sie werden angefertigt, um zu kommunizieren und klarzumachen, welchem Club man angehört: der konformistischen Welt des »Hot Shit Circle«, in dem eine vermeintlich angesagte Form zur Währung gegenseitiger Anerkennung wird. Das aber ist das Ende von neuen Ideen und lediglich eine andere Form von Angepasstheit – auf hohem ästhetischen Niveau und inter virtuosem Einsatz komplexer visueller Codes.

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